Volk stimmt Tabakwerbeverbotsinitiative gemäss Hochrechnung zu
Tabakwerbung, die Kinder und Jugendliche erreichen kann, könnte künftig verboten sein. Das Stimmvolk hat einer entsprechenden Volksinitiative klar zugestimmt, wie die erste Hochrechnung von gfs.bern im Auftrag der SRG zeigt. Offen ist, ob ...
Tabakwerbung, die Kinder und Jugendliche erreichen kann, könnte künftig verboten sein. Das Stimmvolk hat einer entsprechenden Volksinitiative klar zugestimmt, wie die erste Hochrechnung von gfs.bern im Auftrag der SRG zeigt. Offen ist, ob ...
Tabakwerbung, die Kinder und Jugendliche erreichen kann, könnte künftig verboten sein. Das Stimmvolk hat einer entsprechenden Volksinitiative klar zugestimmt, wie die erste Hochrechnung von gfs.bern im Auftrag der SRG zeigt. Offen ist, ob das Ständemehr erreicht wird.
Gemäss erster Hochrechnung haben 57 Prozent der Stimmenden Ja gesagt zur Initiative. Der Fehlerbereich liegt bei plus/minus drei Prozentpunkten. Urs Bieri, Politologe von gfs.bern, sagte am Sonntag auf Radio SRF, dass es noch denkbar sei, dass die Mehrheit der Stände die Initiative ablehne. Derzeit sei die Ja-Seite jedoch leicht im Vorteil.
Kommt das Ständemehr zustande, wird Tabakwerbung in Zukunft überall dort verboten sein, wo Kinder und Jugendliche sie sehen können, zum Beispiel in der Presse, in Kiosken oder an Veranstaltungen. Erlaubt wäre nur noch Werbung, die sich nur an Erwachsene richtet oder sich an Orten befindet, zu denen Minderjährige keinen Zugang haben.
Der noch nicht ganz definitive Erfolg für die Initiantinnen und Initianten hatte sich in den vergangenen Wochen angekündigt. Die letzten Umfragen vor dem Abstimmungssonntag zeigten, dass die Befürworter klar die Oberhand hatten.
Jahrelanges Hin und Her
Dem Urnengang über die Volksinitiative «Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung» ging ein jahrelanger Streit im Parlament voraus. Obwohl seit den 1970er-Jahren mehrfach Massnahmen für die Verminderung des Tabakkonsums ergriffen wurden, stellte sich das Parlament bis vor kurzem konsequent gegen eine Ausdehnung des Tabakwerbeverbots. Ein solches gilt seit 1991 in Radio und Fernsehen. Verboten ist zudem Tabakwerbung, die sich gezielt an Minderjährige richtet.
Im September 2021 rang sich die bürgerliche Parlamentsmehrheit dann doch zu schärferen Werberegeln durch. Sie verankerte im neuen Tabakproduktegesetz etwa ein Werbeverbot auf Plakaten und im Kino. Auch dürfen Tabakkonzerne keine Zigaretten mehr gratis abgeben oder internationale Veranstaltungen in der Schweiz sponsern.
Die neuen nationalen Bestimmungen orientieren sich teilweise an kantonalen Regelungen. Sie treten bald in Kraft. Mit dem Ja zur Initiative müssen die Gesetze jedoch in den nächsten drei Jahren verschärft werden.
Griffigere Regeln müssen her
Jubeln dürfen die Initiantinnen und Initianten. Verschiedene grosse Gesundheitsorganisationen hatten das Volksbegehren vor Jahren lanciert – und brachten es nun mit der Unterstützung von SP, Grünen, GLP, EVP und EDU ins Trockene. Einer der prägenden Köpfe der Kampagne war der Berner SP-Ständerat Hans Stöckli.
Die Befürworter der Initiative argumentierten stets mit dem Jugendschutz. Sie zitierten zahlreiche Studien, die belegen, dass Kinder und Jugendliche häufiger mit Rauchen beginnen, je mehr sie mit Tabakwerbung in Kontakt kommen. Die Schweiz müsse deshalb wie andere Länder auch restriktiver werden, so die Forderung. Das neue Tabakproduktegesetz – von den Initianten als «Alibi-Übung» bezeichnet – reiche nicht.
Der Tabakkonsum verursache jedes Jahr direkte Kosten von drei Milliarden Franken im Gesundheitswesen, lautete ein weiteres Argument des Initiativkomitees. Jedes Jahr sterben demnach 9500 Menschen in der Schweiz an tabakbedingten Krankheiten. Mehr als 14 Prozent der Todesfälle in der Schweiz seien auf den Tabak zurückzuführen.
Wirtschaftsfreiheit versus Jugendschutz
Für die Gegner der Initiative – SVP, FDP, Mitte-Partei und die grossen Wirtschaftsverbände – waren diese Zahlen kein Rechtfertigungsgrund für ein weitreichendes Werbeverbot. Da es kaum Orte gebe, an denen sich Jugendliche nicht aufhalten, und kaum Medien, die nicht auch von Jugendlichen eingesehen werden können, führe die Initiative in der Praxis zu einem vollständigen Werbeverbot, argumentierten sie.
Zudem sei Werbung eine nicht zu vernachlässigende Einnahmequelle für die Medien, den Kulturbereich, Festivals, kleine Geschäfte, Kioske oder Tankstellenshops. Es gehe um 11’000 direkt und indirekt betroffene Arbeitsplätze, die eine Wertschöpfung von über sechs Milliarden Franken pro Jahr generierten.
Bei der Umsetzung der Initiative wird die bürgerliche Mehrheit im Parlament nun umdenken müssen. Am fehlenden Willen des Bundesrats dürfte die Umsetzung der neuen Verfassungsartikel auf Gesetzesebene nicht scheitern. Die Regierung wollte bereits vor Jahren umfassende Werbeverbote zugunsten des Jugendschutzes gesetzlich verankern, wurde damals aber noch vom Parlament zurückgepfiffen.
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