Mauro Caviezels letzter Sturz war einer zu viel
Skirennsport und Verletzungen gehören zusammen. Mauro Caviezel weiss das nur allzu gut. Sinnbildlich deshalb, wie die Karriere des Bündners nun zu Ende gegangen ist. Das Talent, die technischen wie körperlichen Fähigkeiten, die ...
Skirennsport und Verletzungen gehören zusammen. Mauro Caviezel weiss das nur allzu gut. Sinnbildlich deshalb, wie die Karriere des Bündners nun zu Ende gegangen ist. Das Talent, die technischen wie körperlichen Fähigkeiten, die ...
Skirennsport und Verletzungen gehören zusammen. Mauro Caviezel weiss das nur allzu gut. Sinnbildlich deshalb, wie die Karriere des Bündners nun zu Ende gegangen ist.
Das Talent, die technischen wie körperlichen Fähigkeiten, die grosse Leistungsbereitschaft wie auch die Beharrlichkeit, widrige Umstände zu überwinden – das alles war bei Mauro Caviezel in mehr als genügendem Mass vorhanden, um im Weltcup zu den Sieg- und regelmässigen Podestfahrern zu gehören. Doch mit erschreckender Regelmässigkeit sah sich der Engadiner durch Verletzungspech in seiner Entwicklung und beim eigentlich logisch scheinenden Aufstieg in die absolute Weltelite des Skirennsports gebremst.
Langes Warten bis zum ersten Weltcup-Podest
Von jedem Rückschlag – und war er noch so gross – kehrte Mauro Caviezel zurück. Gar «gestärkt zurück», wie er es am Donnerstag in Wengen formulierte, wo er auf seine Karriere zurückblickte. Er habe jeweils «nur kurz gehadert, dann versuchte ich immer positiv nach vorne zu schauen», so der beharrliche Kämpfer, der jede noch so grosse Herausforderung annahm und für den das Wort ‚aufgeben‘ nicht zu existieren schien. Meist dauerte es denn nach seinen zahlreichen Comebacks auch nicht lange, bis er den Anschluss an die Spitze wieder hergestellt hatte.
Caviezel gehörte der gleichen Schweizer Ski-Generation an wie Carlo Janka und Beat Feuz. Anders als der zwei Jahre ältere Bündner Kantonskollege Janka, der seine grössten Erfolge sehr früh in der Karriere feierte, und anders auch als der ein Jahre ältere Feuz, der trotz ebenfalls zahlreichen gesundheitlichen Rückschlägen schneller in die Elite vorstiess, war Mauro Caviezel ein Spätzünder. Von der Kombi-Silbermedaille bei den Junioren-Weltmeisterschaften 2006 bis zum ersten Podestplatz im Weltcup dauerte es mehr als elf Jahre. Ungleich schneller ging der Aufstieg mit gut zweieinhalb Jahren bei Janka vonstatten, Feuz seinerseits benötigte sechs Jahre.
WM-Bronze in St. Moritz
Gut einen Monat vor Rang 3 im Super-G beim Weltcup-Finale in Aspen hatte Caviezel im Februar 2017 an der Heim-WM in St. Moritz in der Kombination hinter Sensationssieger Luca Aerni und Topfavorit Marcel Hirscher Bronze gewonnen. «Ein solcher Tag entschädigt für vieles, was in der Vergangenheit war», sagte der von so vielen Verletzungen heimgesuchte Bündner damals. In der späten Phase seiner Karriere sollten noch weitere «solche» Tage, gemessen an Top-3-Platzierungen auf höchster Ebene exakt deren elf, folgen.
Der schönste all dieser Tage war dabei der 12. Dezember 2020, als es in Val d’Isère – im Alter von bereits 32 Jahren – gar mit dem ersten Weltcup-Triumph klappte. Caviezel selber konnte den Sieg im Super-G fast nicht glauben, da er sich noch tags zuvor nicht gut gefühlt hatte. Es sei deshalb wie ein «Traum» und eigentlich «unglaublich», dass er zuoberst stehe. Tatsächlich hatte dieser Erfolg märchenhafte Züge, denn noch im Juni des gleichen Jahres hatte ihm wegen eines Achilessehnenrisses eine halbjährige Skipause gedroht.
Erste Kopfverletzung in Garmisch…
Sei es von dieser Verletzung, aber auch von einem Kreuzbandriss inklusive Meniskusschaden und einer Schulterluxation (2011), diversen Finger- und Handblessuren oder einem im Sommertraining in Chile erlittenen Wadenbeinbruch (2015), immer fand er einen Weg zurück. Dabei habe er «die Grenzen ausgereizt», so Mauro Caviezel.
Doch dem Gewinner des Super-G-Weltcup der Saison 2019/20 blieb das Verletzungspech treu. Nach seinem furiosen Comeback mit Sieg und einem weiteren Podestplatz lag der Bündner Anfang Januar 2021 in der Disziplinen-Wertung erneut vorne (und im Gesamtweltcup an fünfter Stelle), als er im Training in Garmisch heftig stürzte und er sich dabei ein Schädel-Hirn-Trauma zuzog.
…die zweite in Lake Louise
Dieses Mal jedoch dauerte es fast zwei Jahre, bis er – vor gut sechs Wochen in Lake Louise – wieder bereit am Start eines Weltcup-Rennens stand. Nach dem frühen Out in der Abfahrt startete er tags darauf auch zum Super-G. In seiner Paradedisziplin nahm er Kurs auf einen Platz in den Top 15, als er plötzlich in einer High-Speed-Passage stürzte. Er habe sich diesen Sturz wohl «an die hundert Mal» angeschaut und alles «durchgespielt», aber: «Ich gehe zu Boden, ohne dass ich mich wehre. Weshalb? Ich kann es nicht klar sagen, da ich mich nicht erinnern kann.»
Aufgrund dieses nicht im Detail erklärbaren Vorfalls reifte in Caviezel der Entschluss, trotz seiner nach wie vor «grossen Leidenschaft für den Skirennsport» zurückzutreten. «Mir geht es grundsätzlich sehr gut, für das weitere Leben steht mir nichts im Weg. Doch offenbar kann ich in gewissen Situation auf der Piste nicht mehr alles kontrollieren. Es reicht also einfach nicht mehr für den Rennsport», so das Fazit von Mauro Caviezel.
Was er künftig machen will, wisse er noch nicht: «Zunächst musste ich sauber, ruhig und mit klarem Kopf den Rücktritts-Entschluss fällen. Was das nächste Kapitel sein wird, das lasse ich auf mich zukommen.»
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