Deutsche Rosenmontagszüge rollen wieder – und ätzen gegen Putin
Erstmals seit drei Jahren sind zum Höhepunkt des Karnevals wieder die Rosenmontagszüge durch die Narren-Hochburgen im deutschen Rhein-Gebiet gerollt.
Erstmals seit drei Jahren sind zum Höhepunkt des Karnevals wieder die Rosenmontagszüge durch die Narren-Hochburgen im deutschen Rhein-Gebiet gerollt.
2021 und 2022 waren die Züge wegen Corona ausgefallen, doch jetzt fand der höchste Feiertag der Narren wieder wie gewohnt statt. Ätzende Kritik übten die Karnevalisten mit ihren Mottowagen und Figuren an Wladimir Putin. Im Kölner Rosenmontagszug küsste er den Teufel und drehte als Vampir die Welt durch den Fleischwolf. In Düsseldorf nahm der russische Präsident in einer Wanne in den ukrainischen Farben Blau und Gelb ein Blutbad.
Ein zaudernder deutscher Bundeskanzler Olaf Scholz wurde im Düsseldorfer Zug von einem Ziegenbock auf die Hörner genommen und nach vorn gestossen – beschriftet war das Tier mit «Strack-Zimmermann», dem Namen der energischen Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses. Auch der Mainzer Rosenmontagszug nahm mehrfach auf den Ukraine-Krieg Bezug. So blies Putin einen kalten Ostwind in Richtung von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die sich mit einem Schirm zu schützen versuchte. Auf einem anderen Wagen stellte sich eine Sonnenblume einem Panzer entgegen: «F*** you, Putin!».
Der Düsseldorfer Bildhauer und Designer Jacques Tilly, dessen Wagen oft internationale Beachtung finden, hielt fast alle seine Entwürfe auch diesmal wieder bis zur Ausfahrt am Montagmorgen geheim. Einer zeigte Deutschlands grünen Wirtschaftsminister Robert Habeck beim Krötenessen: Ob Atomkraft oder Aufrüstung, er muss eine nach der anderen schlucken. Ein anderer Wagen zeigte eine triumphierende, Union-Jack-Flaggen-schwenkende «Miss Brexit ’23», die aber bis auf die Knochen abgemagert ist – eine Anspielung auf die wirtschaftlichen Einbussen Grossbritanniens nach dem EU-Austritt.
Auch die katholische Kirche war wieder Thema: Der Missbrauchsskandal in Gestalt eines Teufels will den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki mit sich wegziehen, doch der klammert sich mit aller Kraft am Dom fest, wodurch er das Kirchengebäude zum Einsturz bringt.
Den Mittelpunkt des Wagens «Free Iran» bildete der Kopf einer jungen Frau, in deren wehendem Haar sich ein «Mullarsch» verfängt. «Was diese Frauen für ihre Freiheit auf sich nehmen, das ist der Wahnsinn», sagte Tilly der Deutschen Presse-Agentur am Montag. «Ich habe wirklich höchsten Respekt vor ihrem Mut.»
Der Kölner Rosenmontagszug, der dieses Jahr sein 200-jähriges Bestehen feierte, startete erstmals im rechtsrheinischen Deutz und fuhr dann über den Rhein in die linksrheinische Innenstadt.
Neben den rheinischen Karnevalshochburgen gab es auch in anderen Ecken Deutschlands Umzüge. In Halle im ostdeutschen Bundesland Sachsen-Anhalt wurde der Rosenmontagsumzug allerdings abgebrochen, nachdem eine Fussgängerin unter einen der Mottowagen geraten war und dabei schwer verletzt wurde. Die Frau kam nach Angaben der Polizei ins Krankenhaus. Auch die Abschlussveranstaltung auf dem Marktplatz wurde abgesagt.