Künstlerische Spiele mit dem Hörsinn im Museum Tinguely Basel
Das Museum Tinguely präsentiert künstlerische Auseinandersetzungen mit Tönen und dem Hörsinn. Die Ausstellung mit dem Titel «À bruit secret. Das Hören in der Kunst» ist die vierte Station in einer Reihe, die sich spezifisch mit den menschlichen Sinnen befasst.
Das Museum Tinguely präsentiert künstlerische Auseinandersetzungen mit Tönen und dem Hörsinn. Die Ausstellung mit dem Titel «À bruit secret. Das Hören in der Kunst» ist die vierte Station in einer Reihe, die sich spezifisch mit den menschlichen Sinnen befasst.
Zu Beginn der Ausstellung geht es wirklich nur ums Hören. Die deutsche Klangkünstlerin Christina Kubisch lässt die Besucherinnen und Besucher mit ihrer Arbeit «Il reno» beim verglasten Aufgang zu den Ausstellungsräumen über Kopfhörer die Klänge des dort bestens sichtbaren Rheins erleben. Da ist das Rauschen des Flusses, das beim Gang zum gemütlichen Plätschern wird oder zu den hörbaren Vibrationen der Züge, die über die Eisenbahnbrücke donnern.
Es ist eine der zeitgenössischen Arbeiten in der Ausstellung, die aber zurückblickt bis zur Avantgarde am Anfang des 20. Jahrhunderts. Etwa zu Marcel Duchamp und dessen Werk «À bruit secret (With Hidden Noise)» von 1916, von dem sich die Ausstellung den Namen geliehen hat. In einem offenen Metallgehäuse befindet sich ein Schnurknäuel, das ein unbekanntes Objekt verbirgt. Eines, das beim Schütteln Geräusche erzeugen würde, wenn man es denn schütteln könnte.
Das mag ziemlich abgehoben klingen. Dieses und einige weitere Werke sind es auch tatsächlich. Künstlerinnen und Künstler wie eben Duchamp treiben ein hinterlistiges Spiel mit den Betrachterinnen und Betrachtern respektive Zuhörerinnen und -hörern. Andere wie die italienischen Futuristen wollten die Musik durch neue Klagwelten bereichern – etwa mit dem Lärm des Kriegs, wie die Klangmaschinen-Entwürfe von Fortunato Depero von 1916 zeigen.
Wieder andere haben sich auf komplexe Forschungsreisen begeben, mit dem Ziel, das zumindest für Menschen Unhörbare hörbar zu machen. Zu diesen gehört der Zürcher Künstler Marcus Maeder. Er macht in einer Hütte aus Holz und Kautschuk das Wachsen der Bäume im Regenwald und die damit verbundenen CO2-Werte hörbar. Einen anderen Weg ging die Schweizer Künstlerin Dominique Koch, die das urige Brummen des Bodens mit Glasgebilden sichtbar werden liess.
Von wissenschaftlichen zu sinnlichen Arbeiten
Dann aber gibt es auch die sinnlich ansprechenden Arbeiten. Etwa die Batterie von Klangmaschinen des Hauskünstlers Jean Tinguely und das vielfältig erklingende und zusammengesetzte Ensemble von blechernen Fundobjekten, die Robert Rauschenberg 1962 bis 1965 zusammengesetzt und mit Sender suchenden Autoradios versehen hat.
Gegen Schluss der Ausstellung zieht eine Arbeit des nigerianischen Künstlers Emeka Ogboh in den Bann. Zu sehen ist ein gelber Kleinbus, wie es ihn in der Millionen-Metropole Lagos zu Tausenden geben soll. Soweit, so banal, was das Äusserliche betrifft.
Der Bus ist umgeben von den Stimmen und Geräuschen der Menschen in dieser Stadt, von den Kuss-Geräuschen, den Rufen der Busfahrer und dergleichen mehr. Die Gräusche erzeugen einen Sog, die einen in eine fremde Welt zieht. Setzt man sich in den Bus, dann begibt man sich mit Kophörern auf eine akustische Reise durch den Grossstadt-Moloch.
Die Ausstellung ist keine leichte Kost und damit fast so etwas wie ein intellektueller Gegenpol zur neuen und munteren Tinguely-Sammlungsschau im Erdgeschoss. Sie vermittelt aber spannende Einblicke in das Universum der künstlerischen Hörgänge. «À bruit secret. Das Hören in der Kunst» ist noch bis zum 14 Mai zu erleben.