Trauer um Opfer von schwerem Zugunglück in Griechenland
Nur langsam können sich die Rettungskräfte vorarbeiten: Trümmerteil für Trümmerteil wird von grossen Kränen vorsichtig aus den Überresten der Waggons gehoben. Immer wieder rücken Sanitäter mit Bahren an, doch Hoffnung gibt es nach dem schweren Zugunglück, das sich in der Nacht zum Mittwoch in Mittelgriechenland ereignete, kaum noch. Aus den zerquetschten, zum Teil verbrannten und verkohlten Resten der Züge werden nur noch Leichen geborgen.
Nur langsam können sich die Rettungskräfte vorarbeiten: Trümmerteil für Trümmerteil wird von grossen Kränen vorsichtig aus den Überresten der Waggons gehoben. Immer wieder rücken Sanitäter mit Bahren an, doch Hoffnung gibt es nach dem schweren Zugunglück, das sich in der Nacht zum Mittwoch in Mittelgriechenland ereignete, kaum noch. Aus den zerquetschten, zum Teil verbrannten und verkohlten Resten der Züge werden nur noch Leichen geborgen.
Offiziell lag die Zahl der Toten nach dem Frontalzusammenstoss zweier Züge am Mittwochmittag bei 36. Doch sie dürfte steigen. Weil die ersten Waggons der Züge ausbrannten, ist die Identifikation vieler Opfer nur noch durch eine DNA-Analyse möglich, berichtete der Staatssender ERT. 72 Menschen wurden zum Teil schwer verletzt und in umliegende Krankenhäuser gebracht. Insgesamt sollen 354 Menschen von dem Unfall betroffen gewesen sein: 342 Passagiere und zehn Bahnmitarbeiter im Personenzug von Athen nach Thessaloniki sowie zwei Lokführer im Güterzug.
Sichtlich getroffen versprach Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis am Mittag an der Unfallstelle die vollständige Aufklärung der Ursache des Unglücks. Es sei eine «unaussprechliche Tragödie», sagte er. Zunächst sei nun die Hauptaufgabe, die Verwundeten zu behandeln und die Leichen zu identifizieren. Man werde alles tun, damit so etwas nie wieder passiere. Verkehrsminister Kostas Karamanlis versicherte unter Tränen, es werde nichts unter den Teppich gekehrt.
Für Griechenland, das nur ein kleines Schienennetz hat, ist es das schwerste Eisenbahnunglück der Geschichte, vergleichbar mit dem furchtbaren Zugunglück 1998 im deutschen Eschede, bei dem 101 Menschen ums Leben kamen. Die Unfallstelle nahe der mittelgriechischen Stadt Larisa gleicht einem Trümmerfeld, die vorderen Waggons beider Züge wurden durch den Aufprall geradezu zusammengefaltet, wie Drohnenaufnahmen zeigten.
Erste Berichte über die mögliche Ursache deuten darauf hin, dass technische Probleme und in der Folge menschliches Versagen eine Rolle gespielt haben könnten. So soll das elektronische Leitsystem auf der Strecke schon länger nicht richtig funktioniert haben, weshalb die jeweiligen Bahnhofsvorsteher für die korrekte Weiterleitung der Züge verantwortlich waren. Mehrere möglicherweise Verantwortliche befinden sich bereits in Polizeigewahrsam und werden befragt.
Der Personenzug könnte dieser Theorie zufolge schon vom Bahnhof der Stadt Larisa aus auf die falsche Spur geschickt worden sein, auf der ihm dann später der Güterzug entgegenkam. Mangels Leitsystem war zunächst auch der genaue Unfallort nicht auszumachen, berichtete der Sender ERT – die Rettungskräfte hätten die Stelle erst suchen müssen.
Die Empörung der Menschen im Land ist jetzt schon gross: Wie ist es möglich, dass der Intercity auf demselben Schienenstrang wie der entgegenkommende Güterzug unterwegs war, obwohl die Strecke zweispurig ausgebaut ist, fragt man sich. In Larisa machten sich nach einem Aufruf des griechischen Roten Kreuzes und der umliegenden Krankenhäuser viele Menschen zur Blutspende auf, um ihre Unterstützung für die Verletzten zu zeigen.
Am Zielbahnhof in der nordgriechischen Hafenstadt Thessaloniki versammelten sich schon nachts verzweifelte Angehörige, Telefon-Hotlines wurden eingerichtet. Rund 200 Passagiere, die nicht oder nur leicht verletzt wurden, wurden vom Unglücksort mit Bussen ins 150 Kilometer weit entfernte Thessaloniki gebracht. Manche Angehörige aber warteten dort vergebens. Bei vielen der Passagiere soll es sich um junge Leute gehandelt haben, Studierende, die nach einem verlängerten Wochenende wegen eines Feiertags nun auf dem Weg zur Universität von Thessaloniki waren.
«Ich dachte, ich würde sterben», sagte ein Passagier der Tageszeitung «Kathimerini». Der junge Mann sass nach eigenen Angaben in einem der hinteren Waggons. Er habe am Boden Schutz gesucht, Menschen hätten geschrien und geweint. Andere Passagiere berichteten, sie hätten die Fenster eingedrückt und sich im Dunkeln aus dem halb umgekippten Waggon retten können.
Viele Staaten bekundeten ihr Beileid. Der türkische Aussenminister Mevlüt Cavusoglu telefonierte mit seinem griechischen Amtskollegen Nikos Dendias. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schrieb auf Twitter, ganz Europa trauere mit Griechenland.
Trotz der Modernisierung mit neuen Brücken und Tunneln und zwei Gleisen entlang der rund 500 Kilometer langen Strecke Athen-Thessaloniki gab es schon länger erhebliche Probleme bei der elektrischen Koordination der Verkehrskontrolle, hiess es im Staatsfernsehen. «Wir fahren wie in alten Zeiten von einem Streckenteil zum anderen per Funk. Die Stationsleiter geben uns grünes Licht», sagte Kostas Genidounias, Präsident der Gewerkschaft der Lokführer, im staatlichen Rundfunk. Warum das moderne Leitsystem nicht funktionierte, konnte er nicht sagen. Die Gewerkschaft habe den Zustand schon wiederholt beanstandet.