Kapitän verlor auf Vierwaldstättersee in der Nacht die Orientierung
Die Kollision des Vierwaldstätterseeschiffs MS Diamant bei Kehrsiten NW mit einem Felsen ist darauf zurückzuführen, dass der Kapitän in der Dunkelheit seine Position falsch einschätzte und zu Nahe am Ufer fuhr. Dies haben die Ermittlungen der Sust ergeben.
Die Kollision des Vierwaldstätterseeschiffs MS Diamant bei Kehrsiten NW mit einem Felsen ist darauf zurückzuführen, dass der Kapitän in der Dunkelheit seine Position falsch einschätzte und zu Nahe am Ufer fuhr. Dies haben die Ermittlungen der Sust ergeben.
Das erst im Mai zuvor in Betrieb genommen Kurs- und Eventschiff der Schifffahrtsgesellschaft Vierwaldstättersee (SGV) war am 7. Dezember 2017 am frühen Abend zu einer dreistündigen Extrafahrt unterwegs, wie es in dem am Donnerstag publizierten Bericht der Schweizerischen Unfalluntersuchungsstelle (Sust) heisst. Start- und Zielort der Fahrt war die Station Kehrsiten NW am Fusse des Bürgenstocks.
Bei der Anfahrt auf Kehrsiten folgte die Diamant in etwa zwei Kilometer Entfernung der MS Waldstätter. Weil die Diamant etwas Verspätung hatte, beschleunigte der Schiffsführer. Da er sich von den Passagieren verabschieden wollte, übergab er das Steuer einem Kollegen, der von einer Verpflegungspause zurückkehrte.
Fehler zu spät bemerkt
Die Schiffsführer sahen die Lichter der Anlegestelle und der MS Waldstätter gut und fuhren so auf Sicht. Als der erste Schiffsführer das Steuerhaus verlassen wollte, gewahrte er durch die Scheibe Bäume und Steine und dass die Diamant zu nahe am Ufer war. Er warnte seinen Kollegen, der die Diamant vom Ufer abdrehte und abbremste.
Dennoch kam es zur «Grundberührung». Das Schiff kollidierte rund 400 Meter vor der Station Kehrsiten mit einem Felsen, der rund 15 Meter vom Ufer entfernt und weniger als einen halben Meter unter der Wasseroberfläche war, wie aus dem Sust-Bericht hervorgeht.
Die Diamant konnte noch bis zur Anlegestelle fahren. Von den 163 Passagieren und Besatzungsmitgliedern wurde niemand verletzt. Der Schiffsrumpf wurde auf einer Länge von 23 Metern beschädigt und mehrfach aufgerissen. Wasser drang ein und beschädigte elektrische und elektronische Komponenten. Die SGV bezifferte den Schaden auf 1,6 Millionen Franken.
Mehrere Vorgaben nicht eingehalten
Eine technische Ursache des Unfalls schliesst die Sust aus. Die beiden Schiffsführer hätten aber verschiedene Vorgaben nicht eingehalten. Sie seien in der Uferzone schneller als 10 km/h gefahren und hätten für eine räumliche Orientierung nutzbringenden Instrumente, insbesondere das Radar, nicht genutzt. Die Steuerübergabe sei zeitlich sehr spät erfolgt.
Die Schiffsführer hätten sich in Sicherheit gewähnt, die Lage voll zu beherrschen und seien sich nicht bewusst gewesen, dass die Gefahr einer optischen Täuschung und einer Desorientierung bestehe, hiess es im Bericht.
Das Ufer am Fusse des Bürgenstocks war dunkel, Konturen und Distanzen konnten laut Sust nicht erkannt werden. Die Lichter der Anlegestelle und der sich bewegenden MS Waldstätter waren zwar sichtbar. Aus einem Fixpunkt und einem bewegenden Objekt könne aber nicht auf den eigenen Standort geschlossen werden, erklärte die Sust.
Noch nicht an Dunkelheit gewöhnt
Dazu kam, dass der zweite Schiffsführer sich kurz zuvor in den hellen Passagierräumen aufgehalten hatte. Seine Augen hätten sich noch nicht genügend an die Dunkelheit gewöhnen können.
Die Sust kommt zum Schluss, dass die betrieblichen Vorgaben bei der SGV für das Fahren mit Radar in der Nacht und für die Steuerübergabe ungenügend waren. Handlungsbedarf sieht sie auch bei der Ausbildung. Die Grenzen des menschlichen Leistungsvermögens beim Fahren in der Nacht sei den Schiffsführer zu wenig bewusst gewesen. Die Sust erwartet vom Bundesamt für Verkehr (BAV) entsprechende Vorgaben.
Die SGV erklärte in einer Mitteilung, dass sie die Aus- und Weiterbildung bezüglich den von der Sust erwähnten Schwachstellen anpassen werde. Auch die Verschriftlichung interner Vorgaben werde ergänzt.