«Der Schwarm» – Dystopische Thriller-Serie für das breite Publikum
Zu Teilen bereits auf PlaySuisse, ab Montag auch auf SRF: Die Öko-Thriller-Serie «Der Schwarm» jongliert gekonnt mit aktuellen Themen und spekuliert auf ein grosses Publikum für seine Message: «Verscherzen wir es uns nicht mit dem Meer!»
Zu Teilen bereits auf PlaySuisse, ab Montag auch auf SRF: Die Öko-Thriller-Serie «Der Schwarm» jongliert gekonnt mit aktuellen Themen und spekuliert auf ein grosses Publikum für seine Message: «Verscherzen wir es uns nicht mit dem Meer!»
Alles beginnt fast gleichzeitig: Wale, die sich auf Touristenboote fallen lassen, Krabben, die Küstensiedlungen überrennen und Meerwürmer, die Tsunamis auslösen. Was, fragt das neue TV-Grossereignis «Der Schwarm», wenn sich die Natur plötzlich gegen den Menschen zu wehren beginnen würde? Der erste Gedanke ist, ob hier vielleicht ein ehemals fantastisch geglaubter Stoff schon etwas gar sehr von der Realität der Klimakrise eingeholt wurde.
Immerhin hat die Erzählung um eine fremdartige Intelligenz, die verschiedene Meereslebewesen dazu bewegt, sich gegen die Menschheit zu verschwören, das Potential, seinem Publikum einmal mehr visuell vorzuführen, was auf dem Spiel steht. Jedenfalls war der Science-Fiction-Thriller «Der Schwarm» von dem deutschen Schriftsteller Frank Schätzing bereits 2004 eine eindringliche (und sehr erfolgreiche) Metapher für den Klimawandel. In einer Zeit also, bevor den meisten Menschen überhaupt bewusst war, dass die Zukunft ungemütlich werden könnte.
Der spannend erzählte Roman hatte also von Anfang an das Potential für eine grossangelegte Verfilmung. Diese kam allerdings selbst während des Weltuntergangshypes um das Jahr 2012 trotz mehrerer Versuche nie zustande. Bis sich nun, fast zwei Jahrzehnte (voller Naturkatastrophen, realer Weltuntergangsprognosen und inadäquater Gegenmassnahmen) nach Erscheinen des Buches, unter der Führung des ZDF eine Reihe von Europäischen Fernsehsendern (darunter das Schweizer Fernsehen) zusammengetan haben, um Schätzings Klimathriller als achtteilige TV-Serie herauszubringen.
Nichts für ein Nischenpublikum
Dass das Projekt mit internationalem Cast und Schauplätzen auf der ganzen Welt, nicht nur ein ästhetisches, sondern auch ein finanzielles Risiko mit sich bringen würde, schien den Verantwortlichen bewusst gewesen zu sein, als sie die Leitung nicht einem Europäer, sondern dem erfahrenen US-amerikanischen Showrunner Frank Doelger anvertrauten.
Doelger hat etwa mit «Game of Thrones» bereits Erfahrungen mit komplexen internationalen Projekten gemacht. Er weiss gemäss eigener Aussage auch, wie genau man einen literarischen Stoff wie «Der Schwarm» übersetzen oder zurechtbiegen muss, damit er bei einem möglichst grossen Publikum Anklang findet. Denn eines ist klar: Eine solch aufwändige Serie produziert man nicht für ein Nischenpublikum.
Dazu kommt, dass zahlreiche Geldgeber auch viele Interessen und Inputs bedeuten, was künstlerisch vorteilhaft sein kann, aber nicht muss. Da sind abgeklärte Produzenten wie Doelger nötig, die all diese teils gegensätzlichen Interessen ohne qualitative Abstriche bedienen können.
Kritik vom Romanautor
Die Ausrichtung auf einen grösstmöglichen Markt birgt Risiken, und manche Ausführungen von Doelger beim Roundtable-Interview im Rahmen der diesjährigen Berlinale muten zynisch oder zumindest unzeitgemäss an. So überrascht es nicht, dass sich Schätzing als Autor der Vorlage von dem Projekt distanziert hat.
Man habe es verpasst, sagte er in einem Interview mit der «Zeit», die vergangenen zwanzig Jahre an Erkenntnissen über den Kampf gegen die Klimakrise in die Serie einfliessen zu lassen. Ausserdem sei diese viel zu wenig politisch, neue Entwicklungen wie die «Fridays for Future»-Bewegung fehlten gänzlich, und ausserdem «pilchert es mehr als es schwärmt», weil beinahe allen (verjüngten) Figuren eine Romanze angedichtet werden müsse.
Diesen Einwänden lässt sich in Anbetracht der fertigen Serie zwar kaum widersprechen, aber man muss Doelger auch Recht geben, wenn er ausführt, dass eine TV-Serie gänzlich anders funktioniere als ein Roman, und dass die Message «Wenn das Meer stirbt, sterben auch wir», auch wenn sie jetzt nicht direkt politisch sei, durchaus eindringlich vermittelt werde. Und schliesslich nehme das Publikum wissenschaftliche Informationen nun mal besser auf, wenn es sie von Figuren erklärt bekommt, denen es sich emotional verbunden fühlt.
Man darf es den Macherinnen und Machern auch unbedingt anrechnen, dass die Figurenaufstellung im Allgemeinen viel diverser ist als noch in der Vorlage und so durchaus dem aktuellen Bild des Nachwuchses an den Universitäten entspricht. Auch hat man es geschafft, trotz einer komplexen, an unterschiedlichsten Schauplätzen auf der Welt spielenden Handlung als «grüne Produktion» zertifiziert zu werden.
Eine Serie mit einem solchen Thema müsse man nachhaltig drehen, meint Doelger, womit er natürlich Recht hat. Andererseits müsste dies bereits längst für alle Produktionen gelten, wie auch für alle kulturellen und wirtschaftlichen Tätigkeiten überhaupt. Was sonst geschehen kann, auch ohne verschwörerische Gegenintelligenz, dafür liefert «Der Schwarm» eindrückliche Bilder.
*Dieser Text von Dominic Schmid, Keystone-SDA, wurde mithilfe der Gottlieb und Hans Vogt-Stiftung realisiert.