Thailand holt misshandelten Elefanten heim: Happy End für Sak Surin?
Elefanten gelten in vielen Teilen Asiens als heilig und werden von Buddhisten religiös verehrt. Auch haben sie politische Bedeutung: Staaten in der Region schenken sich gegenseitig Dickhäuter als «Goodwill Ambassador» - eine diplomatische Geste, um die guten bilateralen Beziehungen zu betonen. Von der beschenkten Nation wird aber erwartet, dass sie die symbolträchtigen Tiere gut behandelt. Als Tierschützer in Sri Lanka vor drei Jahren den aus Thailand stammenden Sak Surin auf einem Tempel-Gelände entdeckten, war das Tier aber in katastrophaler Verfassung. Nach langem Tauziehen holt die Regierung den Giganten jetzt heim - vorerst zumindest.
Einen Vier-Tonnen-Koloss in ein anderes Land zu befördern, zumal wenn er verwundet ist, ist eine Herkulesaufgabe. Dem speziellen Charterflug von Sri Lankas Hauptstadt Colombo nach Chiang Mai in Nordthailand, der für diesen Sonntag geplant ist, waren monatelange Vorbereitungen vorausgegangen. Zunächst wurde Sak Surin im November in den Dehiwala Zoo in Colombo gebracht, zur Behandlung und Vorbereitung auf die komplizierte Reise. Ein Team von Veterinären und Mahouts kam aus Thailand, um bei der Erstversorgung zu helfen. In dem Zoo erlebte das gebeutelte Tier auch erstmals, was es heisst, ohne Ketten in Wasser zu plantschen.
Dann musste Sak Surin lernen, in eine eigens für ihn angefertigte, sieben Meter lange Transportbox zu steigen und dort über mehrere Stunden ruhig zu bleiben. Neue Traumen sollen unbedingt vermieden werden. Die Box muss mit Hilfe von Seilen und einem Kran in die Höhe gehievt werden – auch dafür waren Proben nötig. Die Regierung in Bangkok stellte für die mit der Rückführung verbundenen Kosten ein Sonderbudget von fast 20 Millionen Thai Baht (500 000 Euro) bereit. Gibt es nun nach langem Leiden ein Happy End für den Dickhäuter?
Sak Surin, das bedeutet «zu Ehren der Provinz Surin». Dort, im Osten von Thailand an der Grenze zu Kambodscha, wurde der Elefant vor 29 Jahren geboren. In Sri Lanka wird er hingegen Muthu Raja (Perle des Königs) genannt. 2001 kam er als Geschenk ins frühere Ceylon – ein prachtvolles Exemplar mit heute fast 50 Zentimeter langen Stosszähnen. Schliesslich endete er im Kande Vihara Tempel im Küstenort Aluthgama, wo er bei Prozessionen Schwerstarbeit leisten und zudem Holz und Touristen schleppen musste.
Den Stein zu seiner Rettung brachte die örtliche Organisation Rally for Animal Rights and Environment (RARE) ins Rollen. Die Beschreibung der Qualen des Tieres ist erschreckend. RARE macht den obersten Mönch des Tempels und den zuständigen Mahout (Elefantenführer) für Sak Surins desaströsen Zustand verantwortlich. Die Männer hätten Schande über das Land gebracht und müssten für das, was sie diesem fühlenden Wesen angetan hätten, vor Gericht gestellt werden, hiess es.
So sei das linke Vorderbein durch Schläge des Mahouts dauerhaft versteift, berichtet die Organisation auf ihrer Webseite. «Er litt unter mehreren Abszessen und Wunden an seinem Körper und trug Narben von jahrelangen Einstichen mit dem Bullenhaken davon. Dennoch musste er Stachelketten tragen, um bei Tempelprozessionen ohne Ruhepausen oder Behandlung zu arbeiten.»
Sie habe die Verletzungen mit eigenen Augen gesehen, sagte RARE-Chefin Panchali Panapitiya der Deutschen Presse-Agentur. «Er wurde brutal behandelt.» Deshalb habe ihre Organisation schon 2020 die Wildtierbehörde von Sri Lanka informiert. Diese habe aber nicht reagiert. Das sei nicht ihr Zuständigkeitsgebiet, hiess es später.
Also wandten sich die Tierschützer an die thailändischen Behörden. In kaum einem anderen Land werden die majestätischen Rüsseltiere so verehrt wie hier – wegen ihrer Stärke, Loyalität und Intelligenz, aber auch als Glücksbringer. In den meisten Tempeln, aber auch vor Schreinen und Hausaltären stehen Elefantenfiguren in allen Grössen und Farben. Die grauen Riesen sind das Nationalsymbol des Königreichs.
Dennoch werden domestizierte Elefanten auch in Thailand für Touristentouren missbraucht und oft hart gedrillt. Allerdings gibt es nach viel Kritik immer mehr «Elephant Sanctuaries» für ehemalige Arbeitselefanten, die ein ethisches und nachhaltiges Tourismusmodell verfolgen. Auch Sak Surin soll in eine solche Rettungsstation gebracht werden: das Thai Elephant Conservation Center in Lampang.
Und dann? Soll der geschenkte Elefant wieder nach Sri Lanka? Darüber herrscht Unklarheit. «Der Vorfall beeinträchtigt die guten Beziehungen zwischen beiden Ländern», erklärte ein sri-lankischer Oppositionspolitiker. Premierminister Dinesh Gunawardena betonte, seine Regierung habe sich bei Thailand offiziell entschuldigt. Der Elefant werde später wieder nach Sri Lanka gebracht. Thailands Botschaft in Colombo wollte sich auf Anfrage nicht äussern.
Auch wer die Kosten für einen solchen Rücktransport übernehmen würde, weiss derzeit niemand. Das hoch verschuldete Sri Lanka hat extreme Geldsorgen und rutschte im vergangenen Jahr in die schlimmste Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten.
Wenn ein Geschenk von einem Land zurückgenommen werde, dann wirke sich das immer negativ auf das Verhältnis zwischen beiden Staaten aus, sagt der sri-lankische Jurist Jagath Gunawardana. Aus diesem Grund habe Sri Lanka auch den Elefanten Kaavan, den die Regierung einst Pakistan geschenkt hatte, nicht mehr zurückhaben wollen – obwohl dieser in seinem neuen Zuhause ebenfalls sehr leiden musste.
Kaavan lag jahrelang in einem kleinen Gehege im Marghazar-Zoo in Islamabad in Ketten. Ende 2020 wurde er schliesslich von Pakistan nach Kambodscha geflogen. Dort fand das Tier, das als «einsamster Elefant der Welt» bekannt wurde, in einem Schutzgebiet ein neues Zuhause. Unter anderem hatte Pop-Ikone Cher mit einer Kampagne für die Freiheit des Elefanten gekämpft und war selbst nach Pakistan gereist.
Derzeit lebten noch etwa zehn von Thailand verschenkte Elefanten in anderen Staaten, zitierten Medien Umweltminister Varawut Silpa-archa. Zwei davon sind noch in Sri Lanka, sie sollen in guter Verfassung sein. Nach Protesten von Tierschützern habe Thailand aber derartige Schenkungen vor drei Jahren eingestellt, betonte der Minister.