Vingegaard bleibt Leader
Auch in der zweiten Alpen-Etappe der Tour de France wird Jonas Vingegaard von Tadej Pogacar geprüft. Doch der Däne hält dem Angriff seines slowenischen Rivalen erneut stand.
Tadej Pogacar hatte es angekündigt: «Ich werde es weiterhin versuchen», sag-te der Gewinner der Frankreich- Rundfahrt von 2020 und 2021 am Samstagabend nach der ersten Fahrt durch die Alpen, bei der es ihm zwei Mal nicht gelungen war, Vingegaard entscheidend zu distanzieren.
In der 179 Kilometer langen und mit knapp 4500 Höhenmetern gespickten 15. Etappe vom Sonntag wartete Pogacar lange zu, ehe er zum nächsten Angriff blies. Der unbestrittene Leader vom Team UAE Emirates taktierte im 7 Kilometer langen Schlussanstieg, nahm bewusst etwas Tempo raus und liess sich hinter Vingegaard zurückfallen, ehe er zu Beginn des steilen letzten Kilometers eine Attacke lancierte. Doch der Mann im Maillot jaune wich nicht vom Hinterrad des Herausforderers.
So erreichte das Duo das Ziel in Saint-Gervais am Fusse des Mont Blanc Seite an Seite. Damit sind die beiden Dominatoren nach 15 von 21 Etappen im Gesamtklassement weiterhin nur durch zehn Sekunden getrennt. Dahinter folgen in den Rängen 3 und 4 der am Samstag siegreiche Spanier Carlos Rodriguez (5:21 Minuten zurück) und Pogacars britischer Teamkollege Adam Yates (5:40), der auf Kosten des tags zuvor gestürzten Australiers Jai Hindley (6:38) eine Position gutmachte.
Schon wieder ein Massensturz
Obwohl er es erneut nicht schaffte, Zeit auf Vingegaard gutzumachen, gab sich Pogacar locker: «Ich habe es versucht, aber ich konnte sehen, dass Jonas sich supergut fühlt. Deshalb habe ich nicht allzu viel Energie verschwendet. » Auch Vingegaard gab sich nach seinem neunten Tag in Gelb gelassen: «Es war heute ein Unentschieden. Niemand hat es geschafft, dem anderen Zeit abzunehmen.» Sorge bereitete dem 26-jährigen Captain des Teams Jumbo-Visma allerdings, dass gleich drei seiner Teamkollegen in der Bergetappe in einen Massensturz involviert waren. Ausgelöst wurde dieser 128 Kilometer vor dem Ziel durch einen unachtsamen Zuschauer. Dieser stand zu weit in der Strasse und touchierte mit seinem Arm den Amerikaner Sepp Kuss. Daraufhin stürzte Vingegaards in den Bergen wichtigster Helfer und riss rund 20 andere Fahrer zu Boden.
Poels siegt und gedenkt Mäder
Nicht davon betroffen war Vingegaards Edelhelfer Wout van Aert. Der Alleskönner aus Belgien bekam vom Team freie Fahrt und begab sich unmittelbar nach dem Zwischenfall in eine grössere Ausreissergruppe mit über 30 Fahrern. Doch das Vorhaben war für die Erfolgsequipe Jumbo-Visma, die noch immer auf den ersten Tagessieg bei dieser Tour wartet, nicht von Erfolg gekrönt.
Im Schlussanstieg konnte Van Aert, der bei den vergangenen vier Austragungen immer mindestens eine Etappe gewonnen hatte, nicht mehr mit seinem Namensvetter Wout Poels mithalten. Der 35-jährige Niederländer erreichte das Ziel mit über zwei Minuten Vorsprung auf Van Aert solo. Für Poels ist es nach seinem Sieg im Klassiker Lüttich–Bastogne–Lüttich im Jahr 2016 der grösste Erfolg seiner Karriere. Wie zuvor Pello Bilbao gedachte auch Poels nach seinem Sieg seines verstorbenen Teamkollegen Gino Mäder.
Am Montag steht an der 110. Austragung der Frankreich-Rundfahrt der zweite Ruhetag im Programm, bevor es tags darauf mit dem einzigen Zeitfahren dieser Tour weitergeht. Die 22,4 Kilometer lange Prüfung im Kampf gegen die Uhr führt von Passy nach Combloux und beinhaltet einen happigen, bis zu 17 Prozent steilen Schlussanstieg – ein Terrain wie geschaffen für Vingegaard und Pogacar, nicht aber für Stefan Küng. Dem Zeitfahr- Spezialisten aus dem Thurgau dient der Aufgalopp in die letzte Tour-Woche als Test für die im August in Glasgow stattfindende WM.