93 Tote auf Maui – Fragen nach Mängeln beim Katastrophenschutz
US-Medien schreiben von der tödlichsten Waldbrandkatastrophe in den Vereinigten Staaten seit mehr als einhundert Jahren: Nach Angaben des Bezirks Maui im US-Bundesstaat Hawaii sind dort durch Wald- und Buschbrände in den vergangenen Tagen mindestens 93 Menschen gestorben und mehr als 2000 Gebäude verwüstet worden. Der Fund weiterer Toter sei zu befürchten, sagte Hawaiis Gouverneur Josh Green am Samstag (Ortszeit).
Die Kleinstadt Lahaina ist besonders hart getroffen, viele Strassenzüge dort sehen aus wie in einem Kriegsgebiet. In Schulen und Krankenhäusern wurden Notunterbringungen für Hunderte Betroffene eingerichtet. Immer lauter werden aber auch Fragen danach, ob die Behörden nicht deutlich besser auf das Unglück hätten reagieren können. Bewohner fragen sich, ob sie zu spät gewarnt wurden und wieso es so lange dauert, bis Hilfe kommt.
«Es gibt keine Transparenz», sagte Profisurfer Kai Lenny der «Washington Post». «Die Regierung sagt uns nicht, was passiert, und dadurch weiss keiner, wie wir helfen können.» Er selbst habe mit einem Jetski über das Wasser Menschen mit dem Nötigsten versorgt, weil viele Strassen gesperrt seien, sagte Lenny.
Es gab keine Warnsirenen
Die Katastrophenschutzbehörde FEMA erklärte am Samstag, dass rund ein Dutzend Bundesbehörden mit Hilfsmassnahmen für die Brandopfer beschäftigt seien. 150 Mitarbeiter, darunter auch Such- und Rettungstrupps, seien bereits auf Maui, weitere seien unterwegs.
Kritik hatte es auch daran gegeben, dass auf Maui zu Beginn keine Warnsirenen zum Einsatz gekommen sein sollen. Zusätzlich erschwert wurden die Rettungsarbeiten dadurch, dass Lahaina im Norden und Süden jeweils nur über eine grosse Zufahrtsstrasse erreichbar ist.
In der Stadt, die vor dem Unglück rund 13 000 Einwohner zählte, hatte es zudem Beschwerden darüber gegeben, dass eine Evakuierung möglicherweise zu spät angeordnet wurde. Noch am Donnerstag hatte es laut «New York Times» auf Facebook Meldungen der Behörden gegeben, dass die Feuer unter Kontrolle seien. Später hatte Feuerwehr-Chef Bradford Ventura bei einer Pressekonferenz gesagt, dass sich die Brände überraschend schnell ausgebreitet hätten und dass es zuvor «nahezu unmöglich» gewesen sei, schnell genug Evakuierungen anzuordnen.
Laut der Zeitung hatte zudem der Stromversorger kaum Pläne für den Fall von Waldbränden, so dass auch nach den ersten Ausbrüchen auf Maui das Netz weiter komplett aufrechterhalten blieb. «Es hätte die Vorschrift für sie geben müssen, den Strom abzuschalten», sagte Jennifer Potter, ein ehemaliges Mitglied einer Regulierungskommission für die Stromversorgung auf Hawaii, der Zeitung. «Schutz vor Waldbränden hat aber in der Planung für Stromversorger nur einen geringen Stellenwert.»
Die Notversorgung läuft nur langsam an
Gouverneur Green räumte ein, dass die Notversorgung langsam anlaufe, weil es schwierig sei, von anderen Inseln Material nach Maui zu bringen. Die Lage sei beispiellos verheerend. «Ich verstehe, warum es Ärger gibt, weil wir in einem Zustand von Schock und Verlust sind», sagte Hawaiis Senatorin Mazie Hirono am Sonntag auf CNN. «Soweit ich sehen kann, sind die Behörden da.»
Unterdessen sei die Feuerwehr weiter im Einsatz, um Feuer in verschiedenen Regionen der Insel einzudämmen, teilte die Regierung des Bezirks Maui in der Nacht zum Samstag mit.
Laut aktualisierten Zahlen des Pacific Disaster Center und der US-Katastrophenschutzbehörde FEMA sind in dem Bezirk rund 2200 Gebäude durch das Feuer beschädigt oder zerstört worden. Erste Schätzungen gehen von rund 5,5 Milliarden Dollar (5,0 Milliarden Euro) für den Wiederaufbau dort aus.
König Charles äussert sein Mitgefühl
Neben den Feuern im Westen Mauis waren in weiteren Regionen der Insel sowie auf der benachbarten Insel Hawaii Anfang der Woche Brände ausgebrochen, die sich wegen starker Winde mit Geschwindigkeiten von bis zu 130 Stundenkilometern schnell ausgebreitet hatten. Mit einer Fläche von rund 1900 Quadratkilometern ist die hawaiianische Insel etwa halb so gross wie die spanische Urlaubsinsel Mallorca.
Unterdessen riefen US-Prominente wie die Schauspieler Jason Momoa und Jessica Alba zur Unterstützung der Nothilfe und zum Wiederaufbau der Region auf. In die internationale Anteilnahme reihten sich auch der britische König Charles III. und seine Frau, Königin Camilla, ein. Sie äusserten sich in einem Brief an den US-Präsidenten Joe Biden «zutiefst entsetzt» über die Lage auf Maui. «Wir können uns das Ausmass der Zerstörung, die die Insel erfasst hat, und die herzzerreissende Verzweiflung derjenigen, deren Lebensgrundlage so katastrophal betroffen ist, nur ansatzweise vorstellen», hiess es.