Lausanne sucht neuen Turmwächter und Stundenausrufer
Die Lausanner Kathedrale sucht auf nächstes Jahr einen neuen Turmwächter. Renato Häusler, der seit über 20 Jahren den Posten des Türmers (französisch «le guet») innehat, geht im Dezember in Pension.
Die Stadt Lausanne veröffentlichte kürzlich ein Stelleninserat. Die Zeitung «24 heures» hatte zuerst über die Ausschreibung berichtet. Häusler wurde 2002 als «Guet» angestellt. Er ersetzte damals Philippe Becquelin alias «Mix et Remix», den bekannten, 2016 verstorbenen Westschweizer Comiczeichner”.
Mit dem Turmwächter pflegt Lausanne eine Jahrhunderte alte Tradition. Die Waadtländer Hauptstadt ist einer der letzten Orte auf der Welt, an dem eine historische Wache steht, deren tägliche Arbeit seit ihrer Einführung im Mittelalter nie unterbrochen wurde.
Er ruft die Stunden aus
1405 wurde der «Guet» von Lausanne erstmals schriftlich erwähnt, wahrscheinlich gab es ihn schon viele Jahrzehnte früher. Damals bestand die Aufgabe des Turmwächters nicht nur darin, von der Kathedrale aus die Stunden auszurufen, wie heute von 22.00 bis 02.00 Uhr, sondern auch vor Angriffen oder Bränden zu warnen.
Weil der «Guet» die Stunden an 365 Tagen im Jahr ausruft, hat er heute natürlich mehrere Stellvertreter. Die ausgeschriebene Stelle beläuft sich auf ein Pensum von 55 bis 60 Prozent. 2021 wurde in Lausanne erstmals eine Frau als stellvertretende Turmwächterin angestellt.
Die Europäische Bruderschaft der Wachen listet 58 Städte in neun europäischen Ländern auf, in denen die Tradition des Turmwächters noch praktiziert wird, namentlich in Deutschland und Dänemark. In der Schweiz gibt ausser in Lausanne auch in Bischofszell TG, Schaffhausen und Stein am Rhein SH noch aktive Wachen.