Kunstmuseum Basel mit Einblicken in die Geschichte des Rassismus
Das Kunstmuseum Basel präsentiert Werke von Carrie Mae Williams. Die afroamerikanische Foto-und Installationskünstlerin befasst sich auf ebenso packende wie hintersinnig-humorvolle Art mit den blinden Flecken der amerikanischen und europäischen Geschichte.
Es ist ein barockes Bild von luxuriöser Üppigkeit und Symbolik: ein Tisch mit einem schweren, in Falten geworfenen Tischtuch, gedeckt mit Blumenarrangements, mit einem mit Edelsteinen besetzten Becher, mit Käse, Brot und Obst; dahinter sitzt eine Frau in Pelz, darunter trägt sie eine Trainerjacke.
Bereits das ist ein Irritationsmoment. Hinzu kommt: Die Hauptdarstellerin der im Stil des niederländischen Barock inszenierten Szenerie ist schwarz; sie ist die Hiphop-Ikone Marie J. Blige. Es ist als ob eine der Statthalterinnen der Opfer des ausbeuterischen «goldenen Zeitalters» die Rolle der Kolonialisten von damals eingenommen hätte.
Diese grossformatigen Fotografie ist von der Künstlerin Carrie Mae Williams. Sie ist Teil der Ausstellung mit dem sinnigen Titel «The Evidence of Things not Seen» (dt. das ohne jeden Zweifel Erkennbare der ungesehenen Dinge).
Die Werke und Werkserien von Williams erzählen, zum Teil unterstützt durch Texte, packende Geschichten über die Historie der Gewalt gegen Schwarze, der Ausbeutung, der Sklaverei und des Rassismus. Nicht weit von der barocken Szene entfernt sind Porträts von Schwarzen zu sehen, wie sie in Armut und ohne jegliche gesellschaftliche Akzeptanz leben mussten.
Garniert sind die Fotografien mit ironisierten rassistischen Sprüchen, deren Wiedergabe sich hier verbietet.
Ein Star in den USA
In den USA ist Williams ein Star, in der Schweiz sollte man sie kennenlernen. Das sich das lohnt, zeigt die Ausstellung im Haus für Gegenwart im Kunstmuseum Basel.
Mitreissend sind Fotografien, die in einem düsteren Zimmer Nachstellungen gewaltsamer Momente der Geschichte zeigen – in Anlehnung an die Pietà: wie die trauernde Maria mit ihrem toten Sohn Jesus auf dem Schoss zeigt Williams ein Opfer der Atombombe von Hiroshima oder eine Szene vom Attentat auf Martin Luther King. In solcherart aufwühlenden Fotoserien ist auch die Künstlerin selbst oft als Protagonistin zu sehen.
Daneben sind Werkgruppen ausgestellt, die mit ihrem hintersinnigen Humor zum Schmunzeln und zugleich zum Nachdenken anregen. Dazu gehört die Serie mit dem Titel «And 22 Million Very Tired and Very Angry People» (dt. Und 22 Millionen sehr müde und sehr zornige Menschen): In rötlichen Pastellfarben sind Alltagsobjekte wiedergegeben, die bei einem Aufstand eine Rolle spielen könnten, ein als «Hammer» bezeichneter Hammer, ein Wallholz mit der Beschreibung «By Any Means Necessary» (dt. auf jegliche Art notwendig) oder ein Globus mit der Bildlegende «A Hot Spot in a Corrupt World» (dt. ein Brennpunkt in einer korrupten Welt).
«Carrie Mae Williams – The Evidence of Things Not Seen» im Haus für Gegenwart des Kunstmuseums Basel ist bis 7. April 2024 zu sehen.