Sturmtief erreicht Italien – fünf Tote nach heftigen Unwettern
Gewaltige Wassermassen schiessen durch ganze Stadtviertel, Autos schwimmen durch die Strassen und Felder gleichen Seenlandschaften.
Nachdem das Sturmtief «Ciaran» in den vergangenen Tagen in grossen Teilen Westeuropas gewütet hat, ist Italien in der Nacht zum Freitag von schweren Unwettern mit heftigen Regenfällen und Überschwemmungen heimgesucht worden. Mindestens fünf Menschen kamen in der beliebten Ferienregion Toskana ums Leben. In Frankreich und England laufen indes die Aufräumarbeiten.
Extrem grosse Mengen Regen waren in der vergangenen Nacht in der Toskana niedergegangen. Besonders betroffen waren die Gemeinden Campi Bisenzio, Prato und Quarrata in der Provinz Prato. So viel Regen in so kurzer Zeit habe es in der Region seit Jahrzehnten nicht gegeben, sagten Experten des Nationalen Forschungsrates (CNR). In drei Stunden seien 190 Millimeter Regen gefallen. In einigen Teilen des betroffenen Gebietes gibt es Berichte über Vermisste.
Das Unwetter verwandelte die Strassen in mehreren Dörfern in der Nacht in reissende Ströme aus Wasser und Schlamm. Bewohner flüchteten in die oberen Etagen ihrer Häuser. Ganze Strassenzüge und Felder in dem Gebiet unweit von Florenz sind noch immer überschwemmt. Häuser, Wohnungen und Autos stehen unter Wasser. Das Unwetter hat grosse Schäden angerichtet.
Der Regionalpräsident der Toskana, Eugenio Giani, rief bereits am Freitagmorgen den Notstand für die gesamte Region aus. «Es gab eine beispiellose Welle von Wasserbomben», sagte Giani im italienischen Fernsehen. In der Nacht rückte die Feuerwehr in dem Gebiet daher zu mehr als 1000 Einsätzen aus. Ausserdem seien mehr als 48 000 Haushalte in der Gegend ohne Strom. Am schlimmsten traf es den Ort Campi Bisenzio. Dort trat ein Fluss über die Ufer. Auf Videos war zu sehen, wie dort Autos in einer Strasse von Wassermassen mitgerissen wurden.
Der Regen hatte zwar mittlerweile nachgelassen, den Einsatzkräften macht jedoch der sehr starke Wind bei den Aufräum- und Sucharbeiten zu schaffen. Einige Bewohner schaufeln bereits den Schlamm aus ihren Häusern oder stellen durchgeweichte Möbelstücke an den Strassenrand. Meteorologen befürchten jedoch, dass sich die Menschen in der Region auch am Wochenende auf Regen und Gewitter einstellen müssen.
Auch in anderen Teilen des Mittelmeerlandes wüteten die Unwetter. Die Region Venetien wurde ebenso von Regen und Stürmen heimgesucht. Schlamm und entwurzelte Bäume prägen das Bild. Dort wird ein Feuerwehrmann vermisst, der Sandsäcke aufgestapelt hatte.
In den vergangenen Tagen waren ebenso Frankreich, Grossbritannien, Belgien, die Niederlande und Deutschland von starken Unwettern mit heftigem Regen und Stürmen betroffen. Das Sturmtief «Ciaran» sorgte dort für teils grosse Schäden. Sieben Menschen kamen ums Leben und etliche wurden verletzt.
In Frankreich laufen die Aufräumarbeiten am Tag danach auf Hochtouren. Über eine halbe Million Haushalte waren auch am Freitagmorgen noch ohne Strom gewesen. Am stärksten betroffen seien die Bretagne und die Normandie, die von dem Sturm mit Böen von bis zu 200 Stundenkilometern am Donnerstag am heftigsten betroffen waren. Die Schäden des Unwetters in Frankreich könnten sich auf 370 bis 480 Millionen Euro belaufen.
Insbesondere im Norden Frankreichs gebe es weiterhin Behinderungen im Bahnverkehr, teilte die Staatsbahn SNCF mit. Umgestürzte Bäume blockierten Gleise, und Oberleitungen waren beschädigt. Zum Ende der Herbstferien wurde am Freitag mit einer Million Reisenden gerechnet, die wenn auch mit Verspätungen ihr Ziel erreichen dürften, wie Transportminister Clément Beaune dem Sender France 2 sagte.
Auch an der Südküste Englands und auf den Kanalinseln hatte «Ciaran» zuvor für Schäden gesorgt. Rund 150 000 Haushalte hatten zwischenzeitlich keinen Strom, wie die britische Nachrichtenagentur PA meldete. Noch immer wurde in Teilen des Landes vor möglichem Hochwasser gewarnt. Auf der Insel Jersey im Ärmelkanal etwa sollten Schulen auch am Freitag noch geschlossen bleiben.
In Belgien hat sich die Lage zum Grossteil wieder normalisiert. In dem Land, in dem am Donnerstag ein Kind und ein weiterer Mensch ums Leben kamen, dauerten Aufräumarbeiten weiter an. Im Bahnverkehr kann es deswegen noch immer zu Beeinträchtigungen kommen. Die Feuerwehren in verschiedenen Provinzen berichteten von insgesamt weit mehr als 1000 Einsätzen wegen des Sturms.