Nach Debatte um Preis: Otoo distanziert sich von Israel-Boykott
In einer Debatte um ihre Unterstützung für einen kulturellen Israel-Boykott hat sich Autorin und Bachmann-Preisträgerin Sharon Dodua Otoo von einer vor Jahren unterschriebenen Petition distanziert.
«Ich würde einen solchen Aufruf heute nicht mehr unterzeichnen», schreibt die Schriftstellerin in einem Statement, das ihr Verlag S. Fischer in Frankfurt verbreitete.
Darin teilte sie am Mittwoch weiter mit, dass sie den ihr ursprünglich zugedachten Peter-Weiss Preis der Stadt Bochum infolge der Diskussionen um die Petitionsunterzeichnung nicht annehmen werde. «Ich möchte weder die Jury, noch die Stadt Bochum noch den Namen von Peter Weiss mit den Vorwürfen gegen mich und die ausgelöste Debatte in Verbindung wissen», begründete Otoo. Sie regte an, das Preisgeld stattdessen an eine gemeinnützige Organisation zu stiften.
Die Stadt Bochum hatte Anfang der Woche vermeldet, dass Otoo die nächste Preisträgerin der mit 15 000 Euro dotierten Auszeichnung werden soll. Nachdem jedoch Vorwürfe laut wurden, Otoo unterstütze eine dem BDS zugerechnete Organisation, setzte die Stadt die für kommendes Jahr geplante Preisvergabe vorerst aus, um den Sachverhalt zu prüfen.
BDS steht für «Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen». Die Kampagne ruft zum Boykott des Staates Israel und israelischer Produkte wegen des Vorgehens gegen Palästinenser auf. Der Bundestag hatte die BDS-Bewegung in einem Beschluss vom 17. Mai 2019 verurteilt. Deren Argumentationsmuster und Methoden seien antisemitisch. Die Petition «Artists for Palestine UK» steht dem BDS nahe und ruft zum kulturellen Boykott des Staates Israel auf.
Sie habe die Petition von «Artists for Palestine UK» vor rund acht Jahren unterschrieben und sich damals «solidarisch mit dem gewaltlosen Widerstand Kulturschaffender in Palästina positionieren wollen», schrieb Otoo in ihrer Stellungnahme. Sie bemühe sich nun darum, ihren Namen von der Liste zu entfernen. «Ich bin immer, und erst recht hier in Deutschland, für den Austausch», betonte sie. Dabei brauche es auch Platz für Dissens, «um gemeinsam um Verständigung zu ringen», so Otoo. «Deshalb bin ich dankbar, wenn ich auf meine Fehler hingewiesen werde.»
Otoo, die in Berlin lebt und 2016 mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis ausgezeichnet worden war, positionierte sich in ihrer Stellungnahme zudem deutlich gegen Antisemitismus und drückte den Angehörigen der Opfer des Hamas-Massakers vom 7. Oktober ihr tief empfundenes Beileid aus. «Mein Entsetzen und meine Abscheu über die fürchterliche Gewalt der Hamas war und ist eindeutig.» Sie bedaure zutiefst, «dass es uns, die nicht persönlich betroffen sind, nicht gelungen ist, unser Beileid und unsere Solidarität sichtbarer und hörbarer zu machen». Es brauche deutlich mehr Räume, in denen um Verständnis und Verständigung gerungen werde.