«Bon Schuur Ticino» ist eine Liebeserklärung an die Landessprachen
Die Schweiz hat entschieden, im ganzen Land wird nur noch eine Sprache gesprochen: Französisch. Mit der Komödie «Bon Schuur Ticino» wagen Regisseur Peter Luisi und Komiker Beat Schlatter ein Gedankenexperiment – und sorgen damit für beste Unterhaltung.
Für den Zürcher Bundespolizisten Walter Egli (Beat Schlatter) bricht eine Welt zusammen, als die Schweiz die Initiative «No Bilingue» annimmt. Erst recht, als der Entscheid, auf die Frage, welche der vier Landessprachen künftig in der ganzen Schweiz gesprochen werden soll, klar und deutlich auf Französisch fällt. Sein Französischwortschatz geht kaum über «le frigo» und «le gürk» hinaus – und auch ein Sprachkurs bringt keine Besserung. Kurz: Eglis Job steht von einem Tag auf den anderen auf dem Spiel.
Klein gegen Gross
Der Einstieg in die gesellschaftspolitische Komödie «Bon Schuur Ticino» ist nicht einfach nur gelungene Komik. Er ist Kalkül von Schauspieler Beat Schlatter und Regisseur Peter Luisi, zwei Profis auf dem Gebiet. Die beiden, die schon für «Flitzer» (2017) zusammengespannt haben, entwickelten das Drehbuch gemeinsam. Und sie setzten dabei auf ein bewährtes Rezept: «Man muss die Hauptfiguren immer in die schlimmstmöglichen Situationen laufen lassen», sagt Beat Schlatter im Gespräch mit Keystone-SDA. «Das ist eine Gesetzmässigkeit, die in diesem Genre funktioniert.» Ebenso wirkungsvoll sei es, wenn «die Kleinen den Grossen aufs Dach geben». Will heissen: Wäre die Abstimmung zu Gunsten der ohnehin schon gewichtigen Deutschschweiz ausgefallen, hätte das als Komödie niemals funktioniert.
Zurück zur Handlung: Während die Deutschschweizerinnen und Deutschschweizer das Abstimmungsresultat weitgehend akzeptieren, begehrt das Tessin gegen den Entscheid auf. Aktivistische Gruppen aus der Schweizer Sonnenstube planen, den Gotthardtunnel zu sprengen und gegenüber dem Rest der Schweiz die Unabhängigkeit zu erklären. Und da kommt Walter Egli wieder ins Spiel. Sollte es ihm gelingen, so sein Vorgesetzter (Pascal Ulli), der Widerstandsgruppe das Handwerk zu legen, dürfe er seinen Job behalten. Als Partner für die Undercover-Mission wird ihm der Westschweizer Kollegen Jonas Bornand (Vincent Kucholl) zur Seite gestellt.
Noch bevor die beiden im Zug in Richtung Süden sitzen, hat der Film unzählige Lachmomente geliefert. Als ein Parksünder einem Polizisten entspannt davonfährt, weil dieser zu lange braucht, um den Grund für die Busse auf Französisch zu formulieren, etwa. Oder als Walter Eglis rebellische Mutter Rosmarie (Silvia Jost) ihre Hippie-Freunde zusammentrommelt, um sich gegen den «No Bilingue»-Initianten Jeannot Bachmann (ebenfalls gespielt von Beat Schlatter) zu wehren.
Proben «wie im Theater»
Dass laut Schlatter «jeder Satz und jedes Wort diskutiert» und vor dem Dreh «wie im Theater geprobt worden ist», ist deutlich spürbar. Die Gags sind gut platziert, und sie sitzen. Und selbst wenn sich die Romands und die Deutschschweizer gegenseitig veräppeln: die Sticheleien überschreiten nie die Grenze zur Respektlosigkeit. «Der Film ist natürlich eine Liebeserklärung an die anderen Landessprachen», erklärt Beat Schlatter den Grundton des Films. Ausserdem könne man alles machen, solange man die Achtung voreinander wahre. Konkret heisst das, dass der Film nicht auf dem sogenannten «Röstigraben» herumreitet, sondern etwa bewusst darauf verzichtet, dass Deutschschweizer im Film gegen das Französisch wettern. Dass sie mit den neuen Sprachregeln zu kämpfen haben, versteht sich schliesslich von selbst.
Im Tessin angekommen, geht es Walter Egli nicht viel besser als daheim. Denn Italienisch spricht er auch nicht. Trotzdem schlägt er sich wacker und sorgt mit massvoll eingesetzten Versprechern wie «amizi» statt «amici» erneut für Spass. Und als er sich dann auch noch in die Tessiner Aufständische Francesca Gamboni (Catherine Pagani) verliebt, wird seine Lage – ebenfalls ganz im Sinn des Humorgesetzes – noch komplizierter.
Selbstironischer Blick
Lustig ist «Bon Schuur Ticino», dessen zeigt sich Beat Schlatter sicher. Schliesslich erfülle der Film, der Rätoromanisch übrigens zu Gunsten der straffen Story bewusst nur in einem Satz erwähnt, die wichtigsten Regeln der Komödie. «Ob er auch erfolgreich sein wird, ist natürlich eine andere Frage», meint der Komiker. Auf ein allfällig unterschiedliches Humorverständnis in den einzelnen Landesteilen sei das Drehbuch nicht explizit getestet worden. «Und selber kenne ich die Nuancen nicht, ich spreche auch im wahren Leben weder Französisch noch Italienisch.»
Weil der Film auf die Sympathien zwischen den Sprachregionen baut, hilft er dem Publikum so oder so, mit Selbstironie auf die unterschiedlichen kulturellen Befindlichkeiten in unserem Land zu blicken. Und eine Einigkeit zu spüren, so wie am Ende des Films, als die Romandie, die Deutschschweiz und das Tessin ihre Kräfte vereinen, um die Schweiz vor einem Bürgerkrieg zu retten.*
*Dieser Text von Miriam Margani, Keystone-SDA, wurde mithilfe der Gottlieb und Hans Vogt-Stiftung realisiert.