Vulkanausbruch in Island: Lavafontänen aus riesiger Erdspalte

Der gängigen Vorstellung von einem Vulkanausbruch – ein riesiger Krater, aus dem Lava quillt – entspricht die Eruption bei Grindavík nicht gerade.

Vielmehr zieht sich nördlich des kleinen isländischen Fischerortes eine kilometerlange Vulkanspalte, aus der stellenweise hohe Lava-Fontänen sprudeln. An anderen Stellen ähnelt das Schauspiel – aus der Luft betrachtet – einem glutroten Flussdelta.

Der Vulkanausbruch südwestlich der isländischen Hauptstadt Reykjavík begann am späten Montagabend. Im Laufe der Nacht bildete sich die lange Spalte, aus der etwa 100 bis 200 Kubikmeter Lava pro Sekunde flossen.

Der Ausbruch nahe Grindavík hatte sich schon lange angekündigt. Seit Oktober waren in der Gegend Erdbebenschwärme gemessen worden. Solche hatten auch schon in der Vergangenheit Vulkanausbrüche angekündigt. Die Einwohner von Grindavík mussten ihre Häuser verlassen. Zuletzt hatte die seismische Aktivität jedoch wieder abgenommen. Die Bewohner durften tagsüber zurück in ihre Häuser, durften dort aber nicht übernachten. Auch das bei Touristen äusserst beliebte Geothermalbad Blaue Lagune war nach einer vorübergehenden Schliessung am Wochenende wieder geöffnet worden.

Der Bürgermeister von Grindavík, Fannar Jónasson, sagte dem Rundfunksender RÚV, dass es den evakuierten Einwohnern des Ortes den Umständen entsprechend gut gehe. Glücklicherweise seien die Krater, die Grindavík am nächsten gelegen sind, erloschen. Es bestehe im Moment also keine grosse Gefahr für den Ort, meinte Jónasson. Dennoch seien viele Einwohner enttäuscht, dass sie Weihnachten nicht zu Hause feiern könnten.

Der Vulkanausbruch bei Grindavík ist der vierte innerhalb der vergangenen drei Jahre auf der Reykjanes-Halbinsel. Erst im Sommer dieses Jahres hatte sich in der Gegend eine Erdspalte aufgetan, aus der Lava sprühte. Das Naturschauspiel hatte viele Schaulustige angezogen.

Hjördís Gudmundsdóttir von der isländischen Zivilschutzbehörde rief Isländer und Touristen dazu auf, sich bei der aktuellen Eruption vom Vulkangebiet fernzuhalten. Im isländischen Fernsehen sagte sie, sie könne gut verstehen, dass die Leute das Naturspektakel sehen wollten. Der Vulkan sei aber gross und im Vergleich zum letzten Ausbruch sehr aktiv. Die Polizei warnte auf Facebook vor giftigen Gasen, die im Vulkangebiet austreten könnten.

Mittlerweile hat der Vulkanausbruch bei Grindavík etwas an Stärke abgenommen, wie Geowissenschaftler Magnús Tumi Gudmundsson am Dienstagmorgen dem Sender RÚV sagte. Es fliesse aber weiterhin eine beträchtliche Menge an Lava. Gudmundsson erklärte im Fernsehen, dass schon wenige Stunden nach Beginn der Eruption nördlich von Grindavík ungefähr doppelt so viel Lava ausgetreten sei wie beim jüngsten Vulkanausbruch im Sommer dieses Jahres.

Alle Strassen nach Grindavík sollten für die nächsten Tage – ausser für Rettungspersonal und Wissenschaftler – geschlossen werden, teilte die Polizei auf Facebook mit. Wie die isländische Regierung mitteilte, ist der Flugverkehr von und nach Island nicht beeinträchtigt. Der Flughafen Keflavík sei weiterhin gut zu erreichen.