Halfpipe-Spezialisten auch ohne Podestplätze mit Perspektiven
Am Samstag dürfte in Calgary die Saison der Halfpipe-Snowboarder ohne Schweizer Podestplätze enden. Dennoch zeigt der Weg des gestrauchelten Jan Scherrer auf, dass es sehr wohl Perspektiven gibt.
«Pleiten, Pech und Pannen. Da kam alles zusammen.» So fasst Sacha Giger, der an sich besonnene Freestyle-Direktor von Swiss-Ski, den Winter von Jan Scherrer zusammen. Übertrieben sind seine Worte nicht, denn tatsächlich kumulierte sich bei dem sonst so konstanten Olympia-Dritten von 2022 in der mit nur fünf Halfpipe-Weltcups und den X-Games ausgestatteten Saison just in den Wettkampf-Monaten einiges an Unerwünschtem.
Beeinträchtigt durch eine vermeintlich harmlose, schliesslich aber langwierige Erkältung, stieg Scherrer im Dezember in China nach der Absage der herbstlichen Weltcup-Ouvertüre in Chur gesundheitlich angeschlagen in die Saison. Danach steckte durchs Band der Wurm drin: Missglückter Auftakt in China, krankheitsbedingtes Forfait für Laax, Trainingsverletzung an den X-Games, vorzeitiges Saisonende aufgrund eines Bruchs des linken Fersenbeins.
Berenice Wicki in Top 5
Die Probleme des Schweizer Aushängeschilds trüben die Bilanz des Teams in der Königsdisziplin der Snowboarder vor der letzten Station in Kanada. Andere nutzten Scherrers Absenzen aber dazu, um sich in den Fokus zu rücken oder in Erinnerung zu rufen. Die 21-jährige Berenice Wicki schaffte es in Mammoth Mountain in Kalifornien zum zweiten Mal in ihrer Karriere in die Top 5, die zwei Jahre jüngere Isabelle Lötscher zweimal in die Top 10. David Hablützel qualifizierte sich zweimal für den Final, Pat Burgener in Mammoth Mountain ebenfalls.
«Das Gesamtbild zeigt ein Stück weit die Realität. Die Japaner sind unbestritten sehr stark – qualitativ und auch quantitativ», sagt Giger. Auch der Australier Scotty James, Gewinner der prestigeträchtigsten Wettkämpfe des Winters in Laax und Aspen, und der Südkoreaner Lee Chaeun springen mit ihren Rotationen auf höchstem Niveau.
Keine Bedenken bei Scherrer
Sorgenvoll blickt Giger angesichts der starken internationalen Konkurrenz nicht in Richtung der nächsten Olympischen Spiele in zwei Jahren in Norditalien. Nicht zuletzt weil er beim 29-jährigen Scherrer keine Bedenken hat: «Eine Herausforderung wird es auf jeden Fall, den Anschluss zu halten. Wenn aber alles zusammenpasst in der Vorbereitung, kann er auch kommende Saison um die Podestplätze mitfahren und damit dort anknüpfen, wo er vor der Verletzung stand. Zumal das Alter in der Halfpipe, wo das Mentale und die Erfahrung grosses Gewicht haben, kein Nachteil ist.»
Allen voran Scherrer lieferte mit selbst kreierten Tricks in den letzten Jahren den Beweis, dass es durchaus Gegenentwürfe gibt zu dem von den Asiaten vorangetriebenen, nicht immer schön anzusehenden «Spin to win» – dem bisweilen ausufernden Rotationswahn. Aber auch andere Schweizer sind wieder auf einem guten Weg. David Hablützel erhielt die Bestätigung, dass ihm die mehr als einjährige Wettkampfpause vor diesem Winter gutgetan hat. Burgener deutete an, dass er auch nach schweren Verletzungen und trotz vermehrter Verpflichtungen als Musiker noch nahe an der Weltspitze ist. «Er ist mit einer Extra-Prise Talent gesegnet, hat sich zu den Olympischen Spielen 2026 bekannt und trainiert seit Dezember wieder beschwerdefrei», betont Giger.
Mit dem 17-jährigen Allrounder Jonas Hasler liess ausserdem ein Junior sein grosses Potenzial sowohl in der Halfpipe als auch im Slopestyle erkennen, obwohl er in seiner Entwicklung durch eine grössere Knieverletzung bereits einmal ausgebremst worden ist. Und auch die jungen Schweizerinnen deuten an, dass sie im Schatten der amerikanischen Überfliegerin Chloe Kim vorne mitmischen können – oder dass sie, wie Lura Wick (15) und Soha Janett (16), vieles mitbringen, um dies in Zukunft zu tun.