Langsame Erdbeben sind möglicherweise vorhersehbar
Langsame Erdbeben lassen sich möglicherweise vorhersagen. Forschende der Universität Bern haben Muster in den scheinbar zufälligen Zeitreihen sogenannter Slow Slip Events, einer ungefährlichen Art von Erdbeben, entdeckt.
Dies könnte in Zukunft auch bei der Vorhersage von gefährlichen Erdbeben helfen, sagte Sandro Truttmann von der Universität Bern am Dienstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Bis dahin sei allerdings noch viel Forschung nötig.
Slow Slip Events sind eine Art Erdbeben in Zeitlupe. Im Gegensatz zu einem typischen Erdbeben, das in Sekunden bis Minuten stattfindet, bewegen sich die tektonischen Platten bei einem Slow Slip Event über Tage oder Wochen. «Solche langsamen Erdbeben spürt man nicht», erklärte Truttmann.
Sie haben laut dem Forscher aber vermutlich einen Einfluss auf grössere Erdbeben. «Der Link ist noch nicht ganz verstanden. Es gibt aber Hinweise darauf, dass langsame Erdbeben teilweise schnelle auslösen könnten», sagte Truttmann.
In der Schweiz gibt es laut Truttmann nach aktuellem Kenntnisstand keine solchen langsamen Erdbeben. Für ihre Studie, die in der Märzausgabe der Fachzeitschrift «Geophysical Research Letters» erschienen ist, haben die Forschenden Slow Slip Events in Neuseeland unter die Lupe genommen.
«Der heilige Gral der Seismologie»
Mit der Chaos-Theorie, einem Gebiet der Mathematik und Physik, haben die Forschenden nun in einer Datenreihe mit GPS-Daten von Slow Slip Events Muster entdeckt. Diese geben Hinweise darauf, dass solche langsamen Erdbeben vorhersehbar sein könnten. Allerdings erst kurze Zeit vor ihrem Auftreten.
Vorhersagen von chaotischen Systemen lassen sich laut Trautmann mit Wettervorhersagen illustrieren: Ist es bewölkt, kann man mit ziemlich grosser Wahrscheinlichkeit vorhersagen, dass es auch in einer Sekunde noch bewölkt ist. Ob es aber auch in einem Tag oder sogar in einem Monat Wolken hat, ist daraus schwierig bis unmöglich zu sagen.
Um das Wetter längerfristiger vorherzusagen, nutzen Meteorologen ein physikalisches Modell. Da sie die physikalischen Prozesse hinter dem Wetter kennen, können sie sagen, wie es sich über kurze Zeit entwickeln wird.
Dies versuchen die Forschenden nun auch mit den Slow Slip Events. Und mit richtigen Erdbeben? «Das ist der heilige Gral der Seismologie», sagte Truttmann. In absehbarer Zeit sei dies jedoch noch kein Thema.