Streit über Sicherheit bei der Deutschen Bahn im Vorfeld der EM
Bei der Deutschen Bahn entwickelt sich wenige Wochen vor der Fussball-Europameisterschaft in Deutschland ein intensiver Streit über die Sicherheit der Beschäftigten. Die Gewerkschaft forderte am Montag «Sofortmassnahmen» zum Schutz der Mitarbeitenden.
Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) forderte am Montag deutlich mehr Anstrengungen von der Bahn für die Sicherheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als zuletzt angekündigt. «20 Prozent pauschal mehr Sicherheitspersonal reicht meines Erachtens nicht», sagte der EVG-Vorsitzende Martin Burkert der deutschen Nachrichtenagentur DPA. «Aufgrund der aktuellen EVG-Studien und aufgrund der alarmierenden Realität braucht man die 20 Prozent mehr Sicherheitspersonale bereits für den regulären Sommer- und Tourismusverkehr.»
Die Gewerkschaft hatte in der vergangenen Woche eine Umfrage unter Beschäftigten von Bahnunternehmen vorgestellt. Demnach haben 64 Prozent der Befragten in den vergangenen zwölf Monaten Gewalt oder Anfeindungen erlebt. Die EVG fordert daher «Sofortmassnahmen» anlässlich der anstehenden Fussball-EM. Die Deutsche Bahn (DB) wiederum teilte mit, dass sie für das Turnier den «Pool an Sicherheitskräften an unseren Bahnhöfen und in unseren Zügen um rund 20 Prozent (oder um rund 900 Sicherheitskräfte)» aufstocken werde.
«Nicht nur freundliche Fussballfans»
Diese 20 Prozent mehr brauche es schon im Normalbetrieb, sagte Heike Moll, Mitglied in mehreren DB-Betriebsräten, der DPA. «Wir werden nicht nur freundliche Fussballfans hier haben, und bei manchen Fans ist die Hemmschwelle zur Gewalt einfach sehr weit unten. Daher muss die Bahn für die Sicherheit noch eine Schippe drauf geben», sagte Moll.
EVG-Chef Burkert fordert ein EM-Sonderprogramm, «das vor allem auch die Bahnhöfe und Vorplätze im Blick hat». Das Programm müsse dem Spielplan, den Paarungen und den Fan-Bewegungen angepasst sein. «Wir sind als EVG dazu im engen Austausch mit der Gewerkschaft der Polizei.» Die Kolleginnen und Kollegen bei den Bahnunternehmen seien bereit, gute EM-Gastgeber zu sein – «aber sie sind nicht bereit, Leib und Leben dafür zu gefährden.»
Arbeitsverweigerung im Notfall
Bereits vergangene Woche hatte die EVG damit gedroht, den Beschäftigten eine Arbeitsverweigerung zu empfehlen, wenn es bei einem Einsatz ein erhöhtes Gefahrenpotenzial geben könnte. «Ich will da nicht von Streik sprechen, aber das Leistungsverweigerungsrecht könnte ein Thema werden, wenn wir feststellen, dass eindeutige Risikolagen für unsere Kolleginnen und Kollegen drohen», sagte nun Betriebsrätin Moll.
«Wir können unsere Kolleginnen und Kollegen nicht Übergriffen aussetzen, zu denen es womöglich wegen zu wenig Sicherheit gekommen ist. Wir müssen daher durchaus abschätzen, ob wir unsere Kolleginnen und Kollegen wohl wissend in Gefahr für Leib und Seele bringen.» Dazu gebe es von ihr ein klares Nein. Aus Molls Sicht braucht es vor allem an grossen Bahnhöfen wie in München statt 20 eher 40 bis 50 Prozent mehr Sicherheitspersonal. Das gelte etwa auch für die Züge und Infopoints.
DB lockt Fussballfans mit Ticketangeboten
Die Fussball-EM beginnt am 14. Juni in München mit dem Spiel Deutschland gegen Schottland (21.00 Uhr). Das Finale findet am 14. Juli in Berlin statt. Weitere Spielorte sind Dortmund, Düsseldorf, Frankfurt, Gelsenkirchen, Hamburg, Köln, Leipzig und Stuttgart.
Fussballfans mit Eintrittskarte zu einem EM-Spiel wurden bereits in den vergangenen Monaten offensiv zur Reise im DB-Fernverkehr aufgerufen und mit Ticketangeboten angelockt. Wer eine Eintrittskarte besitzt und innerhalb Deutschlands fährt, kann die Bahn bei Hin- und Rückfahrt zum jeweiligen Spiel für 29,90 Euro pro Strecke nutzen. Die Deutsche Bahn gehört zu den offiziellen nationalen Partnern der EM.