Deutscher AfD-Europakandidat Krah tritt im Wahlkampf nicht mehr auf
Gut zwei Wochen vor der Europawahl bricht die AfD-Spitze in Deutschland mit ihrem Spitzenkandidaten Maximilian Krah. Der Bundesvorstand habe ein Auftrittsverbot für Krah verhängt, bestätigte ein Parteisprecher am Mittwoch eine Meldung der «Bild»-Zeitung.
Krah erklärte selbst auf der Plattform X, er verzichte auf weitere Wahlkampfauftritte und trete als Mitglied des Bundesvorstands zurück. Hintergrund sind umstrittene Äusserungen Krahs zur SS und ein darüber entbrannter Streit mit der französischen Rechtspartei Rassemblement National.
Krah hatte in der italienischen Zeitung «La Repubblica» gesagt, nicht alle Mitglieder der SS seien kriminell gewesen. «Ich werde nie sagen, dass jeder, der eine SS-Uniform trug, automatisch ein Verbrecher war», sagte Krah der Zeitung. Auf die Frage, ob die SS Kriegsverbrecher seien, antwortete er: «Es gab sicherlich einen hohen Prozentsatz an Kriminellen, aber nicht alle waren kriminell.»
Die nationalsozialistische SS («Schutzstaffel») bewachte und verwaltete unter anderem die Konzentrationslager. Ihre Kampfverbände (Waffen-SS) verübten im Zweiten Weltkrieg zahllose Kriegsverbrechen. Bei den Nürnberger Prozessen nach Kriegsende wurde die SS zu einer verbrecherischen Organisation erklärt. In den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik spielten viele frühere SS-Männer im öffentlichen Leben Westdeutschlands noch prominente Rollen.
Der Rassemblement National hatte nach dem Interview angekündigt, künftig nicht mehr in einer Fraktion mit der AfD im Europaparlament zusammenarbeiten zu wollen. RN-Parteichef Jordan Bardella begründete die Entscheidung seiner Partei im Sender TF1: «Ich denke, dass die AfD, mit der wir im Europäischen Parlament seit fünf Jahren zusammengearbeitet haben, Linien überschritten hat, die für mich rote Linien sind.» Nach der Wahl werde man deshalb neue Verbündete haben und nicht mehr an der Seite der AfD sitzen. Auf die Frage, welche der beiden Parteien die Fraktion verlassen werde, sagte Bardella, die Fraktionen würden nach der Wahl wieder auf Anfang gesetzt.
Krah erklärte auf X, früher Twitter: «Man kann nie tiefer fallen als in Gottes Hand. Ich nehme zur Kenntnis, dass sachliche und differenzierte Aussagen von mir als Vorwand missbraucht werden, um unserer Partei zu schaden. Das Letzte, was wir derzeit brauchen, ist eine Debatte um mich. Die AfD muss ihre Einigkeit bewahren. Aus diesem Grunde verzichte ich ab sofort auf weitere Wahlkampfauftritte und trete als Mitglied des Bundesvorstands zurück.»
Wie es nun mit dem Europawahlkampf der AfD weiter geht, ist unklar. Auch die Nummer zwei auf der Europaliste, Petr Bystron, soll wegen staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen nach dem Willen der Parteispitze nicht mehr auftreten.
Die AfD arbeitet im Europaparlament mit dem Rassemblement National, der italienischen Lega und der österreichischen FPÖ in der Fraktion ID zusammen. Schon seit Längerem gibt es zwischen der AfD und dem RN Unstimmigkeiten. Nach den Enthüllungen des Medienhauses Correctiv über ein Rechtsradikalen-Treffen in Potsdam im Januar hatte Le Pen deutliche Kritik geäussert.
Der deutsche Verfassungsschutz (Inlandsgeheimdienst) stuft die AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall ein. In nationalen Umfragen lag sie um die Jahreswende über 20 Prozent, derzeit notiert sie bei 16 bis 18 Prozent. Die Europawahl am 9. Juni wird für die deutschen Parteien zum realen Kräftemessen auf nationaler Ebene seit der Bundestagswahl 2021.