Start der europäischen Rakete Ariane 6 geglückt
Die neue europäische Trägerrakete Ariane 6 ist erfolgreich ins All gestartet. Gut ein Stunde nach ihrem Start vom europäischen Weltraumbahnhof in Kourou in Französisch-Guayana meldete die europäische Raumfahrtagentur Esa den gelungenen Flug.
Sie habe mehrere Satelliten ausgesetzt, teilte die Esa mit. Damit lässt Europas Raumfahrt die Krise seines Trägerraketensektors hinter sich. Europa hat wieder einen eigenen Zugang zum Weltraum für Satelliten.
«Wir schreiben heute Geschichte», sagte Esa-Chef Josef Aschbacher in Kourou. «Heute ist ein grosser Tag, zum Feiern.» Für Aschbacher markiert die Ariane 6 eine neue Ära der autonomen und vielseitigen Raumfahrt. Die Rakete hob gegen 21.00Uhr (MESZ) vom europäischen Weltraumbahnhof in Kourou ab.
Esa-Chef: Rakete für alle wichtig
Aschbacher betonte: «Dieser Flug ist enorm wichtig für Europa, nicht nur für die Weltraumorganisation Esa oder für die Weltraumleute, sondern wirklich für jeden Bürger, für jede Bürgerin, weil wir mit dieser Rakete Satelliten in den Weltraum bringen, die wir für das tägliche Leben brauchen, für Wettervorhersage, für Landwirtschaft, für Forstwirtschaft, für Navigation, für Telekommunikation.»
Die Ariane 6 ist das Nachfolgemodell der Ariane 5, die von 1996 bis Sommer 2023 im Einsatz war. Sie soll Satelliten für kommerzielle und öffentliche Auftraggeber ins All befördern und ist deutlich günstiger als ihre Vorgängerin.
Kritisiert wird allerdings, die Rakete sei nicht auf der Höhe der Zeit. Bereits 2015 habe das US-Unternehmen SpaceX mit der Falcon-9-Rakete das Zeitalter der wiederverwendbaren Raumschiffe eingeleitet, sagte Raumfahrtexperte Martin Tajmar von der Technischen Universität Dresden der deutschen Nachrichtenagentur DPA.
Die Esa preist die Ariane 6 als modular und flexibel an. Sie kann Satelliten in verschiedene Orbits ausliefern. Sie kann mit zwei oder vier Boostern ausgestattet werden und geostationäre Satelliten mit einem Gesamtgewicht von 11,5 Tonnen ins All bringen. Bei Satelliten mit niedriger Erdumlaufbahn sind bis zu 21,6 Tonnen Gesamtfracht möglich.
Schweizer Beteiligung
Die 56 Meter hohe und 540 Tonnen schwere Rakete fliegt auch dank der Schweiz. Als eines von 13 Ländern ist die Schweiz am Ariane-Programm beteiligt. Ausserdem haben Schweizer Unternehmen wichtige Teile der Rakete beigesteuert.
So stammt die Spitze der Rakete vom Schweizer Unternehmen Beyond-Gravity. Es hat die sogenannte Nutzlastverkleidung gebaut, die zum Schutz der Satelliten dient, die mit der Rakete ins All geschossen werden.
Bei dem Erstflug ging die Ariane 6 mit zwei Boostern an den Start. Die Firma ApcoTechnologies mit Sitz im Waadtland hat ein Teil für die Befestigung sowie die Kappe der Booster gebaut. Die Booster sind die Röhren, die an den Seiten der Rakete Rakete angebracht sind. Die Rakete braucht diese Teile, damit sie vom Boden abheben und in den Weltraum fliegen kann. Nach zwei Minuten und 16 Sekunden sind die mit Treibstoff gefüllten Booster leer und lösen sich von der Rakete.
Auf die Rakete wird viel Hoffnung gesetzt – auch von der Schweiz. Sie soll den beteiligten Ländern wieder einen unabhängigen Zugang zum Weltraum verschaffen. Das sei auch Teil der Schweizer Weltraumpolitik, sagte Renato Krpoun auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Krpoun ist Leiter der Abteilung Raumfahrt des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI).
Kommerzieller Flug geplant
Von den Kosten von rund vier Milliarden Euro für die Ariane-6-Rakete hat die Schweiz 2,4 Prozent übernommen. Das entspricht einem finanziellen Beitrag von fast 100 Millionen Euro. Deutschland ist nach Frankreich mit rund 20 Prozent der wichtigste Geldgeber für die Ariane 6 unter den Esa-Ländern. Die Oberstufe der Rakete wird im Bremer Werk des Raumfahrtkonzerns ArianeGroup montiert. Die Hauptstufe wird im französischen Ort Les Mureaux gebaut.
Die Esa plant, die Rakete, die ursprünglich bereits 2020 ins All fliegen sollte, mindestens bis Mitte der 2030er Jahre zu nutzen. Noch vor Ende des Jahres soll die Ariane 6 erstmals kommerziell starten.
Nachdem die letzte Ariane 5 vor fast genau einem Jahr in den Weltraum abgehoben war, hatte die Esa keine eigenen Transporter mehr, um grosse Satelliten ins All zu bringen. Probleme gab es auch bei den leichteren Satelliten: Nach dem Fehlstart der Vega C bei ihrem ersten kommerziellen Flug im Dezember 2022 erfolgte kein weiterer Versuch. Sie soll Mitte November wieder ins All fliegen.