Bundesamt für Justiz verteidigt Gutachten zu EU-Abstimmung
Der Direktor des Bundesamts für Justiz (BJ) hat das Gutachten seines Amts zur Volksabstimmung über das Ergebnis der EU-Verhandlungen verteidigt. «Das BJ macht keine Gefälligkeitsgutachten», sagte Michael Schöll in einem Interview.
Die Rechtsanalyse, die Ende Juni veröffentlicht wurde, kam zum Schuss, dass das Ergebnis der EU-Verhandlungen gemäss geltender Verfassung nicht dem obligatorischen, sondern nur dem fakultativen Referendum unterstellt werden kann. Somit würde das Volksmehr genügen, das Ständemehr wäre nicht erforderlich. Die Hürde für die EU-Vorlage bei einer Abstimmung wäre also tiefer.
Ab der Deutlichkeit der juristischen Analyse zeigte sich Jurist Schöll im Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung» vom Samstag selbst überrascht. Die Analyse habe aber eindeutig ergeben, dass es auf der Grundlage der Verfassung in dem Fall auch ausnahmsweise kein obligatorisches Staatsvertragsreferendum geben könne.
«Praktisch alle juristischen Argumente sprechen für diese Sichtweise», sagte Schöll. «Das hat offensichtlich Irritationen ausgelöst. Doch bisher hat mir niemand aufgezeigt, dass unser Gutachten Fehler oder Lücken aufweisen würde.»
Beim Gutachten handelt es sich um eine juristische und nicht um eine politische Einschätzung. In der Schweiz gibt es keine Instanz, die für alle Rechtsfragen verbindlich über die Auslegung der Verfassung entscheiden kann. Der Bundesrat will erst bei der Botschaft zum Verhandlungspaket mit der EU entscheiden, welchen Antrag er der Bundesversammlung stellen wird.
Die SVP, welche die Verhandlungen mit der EU grundsätzlich ablehnt, machte früher klar, dass sie eine Abstimmung mit Ständemehr für notwendig hält.