Ukraine: Gericht zwingt Korruptionsbehörde zu Ermittlungen
In der Ukraine zwingt der Antikorruptionsgerichtshof spezialisierte Korruptionsermittler zu Ermittlungen gegen den Chef des staatlichen Stromnetzbetreibers Ukrenerho. Ein Anwalt habe Beschwerde gegen das Nationale Antikorruptionsbüro (NABU) wegen dessen Untätigkeit eingereicht, meldete das Nachrichtenportal Ukrajinska Prawda. Gegenstand der Untersuchungen soll demnach der mögliche Erhalt unrechtmässiger Vorteile durch Ukrenerho-Chef Wolodymyr Kudryzkyj sein. Mehr Details wurden nicht genannt. Das Gericht ordnete die Einleitung von Ermittlungen an.
Seit massiven russischen Angriffen auf ukrainische Kraftwerke im März werden im Grossteil des Landes stundenlange Stromsperren angeordnet. Ukrenerho ist für die Zuteilung von Strom zuständig. Die Ukrenerho-Führung war zuletzt auch wegen ausserordentlich hoher Gehälter in die Kritik geraten. Fünf Vorstandsmitglieder einschliesslich Kudryzkyj haben im ersten Halbjahr zusammen bereits umgerechnet knapp 445.000 Euro verdient.
Im ersten Quartal lag der Durchschnittslohn in der Ukraine bei umgerechnet etwa 420 Euro im Monat. Das osteuropäische Land war bereits vor dem russischen Einmarsch von 2022 nach den Statistiken des Internationalen Währungsfonds beim Pro-Kopf-Einkommen das ärmste Land Europas.
Das Nationale Antikorruptionsbüro war 2015 unter grossen Erwartungen mit starker westlicher Hilfe für die Ermittlungen bei Korruption gegen hochgestellte Amtsträger gegründet worden. Weitere zusätzliche Behörden folgten. Das Land gilt nach dem Korruptionswahrnehmungsindex der Nichtregierungsorganisation Transparency International dennoch weiter als einer der korruptesten Staaten in Europa.