Statt ganze Rudel dürfen Jäger nur zwei einzelne Wölfe schiessen
Graubünden schöpft den Spielraum bei Wolfsabschüssen aus. Die Jägerschaft kann nur am Rande mittun.
Das Abschussgesuch ist eingereicht, die Jägerschaft ist instruiert, die Hochjagd beginnt in zwei Tagen – doch nun heisst es: Warten! Graubünden hätte gleich am ersten Tag der Hochjagd die Wolfsbestände proaktiv regulieren wollen, teilweise mithilfe der Jägerinnen und Jäger. Aber der Entscheid aus Bern, ob rund 35 Wölfe auf Bündner Boden tatsächlich wie beabsichtig geschossen werden dürfen, ist noch nicht eingetroffen.
«Wir haben unsere Arbeit gemacht», sagt Adrian Arquint, Leiter des Amts für Jagd und Fischerei. Jetzt heisse es, abwarten und hoffen, dass die Zustimmung aus Bern so schnell wie möglich in Chur eintreffe. «Ich hoffe, dass dies nächste Woche der Fall sein wird», so Arquint.
«Wir haben unsere Arbeit gemacht.»
Adrian Arquint, Leiter des Amts für Jagd und Fischerei
Bei zwei Abschüssen wird die Jägerschaft aber doch ab dem ersten Jagdtag beigezogen. Zum einen bei einem Einzelwolf im Puschlav, zum anderen bei einem Einzeltier im Beveringebiet. «Bei diesen Einzelabschüssen liegt die Entscheidungskompetenz beim Kanton», erklärt Arquint.
Neue Welpen, neue Gesuche
Der Kanton schöpft den gesetzlichen Spielraum voll aus. Er hat zum einen vor, zwei Drittel aller Jungtiere, die in diesem Jahr geboren wurden, zu erlegen. «Wenn neue Welpen nachgewiesen werden, reichen wir auch weitere Abschussgesuche ein», erläutert Arquint.
Zum anderen will der Kanton laut Arquint «ganze Rudel entfernen, wo wir grössere Konflikte festgestellt haben». Das Gesuch für den Komplettabschuss des Vorab- und Beverinrudels liegt bereits in Bern. Wobei am Beverin wohl nur noch ein Restrudel besteht. In den nächsten Tagen wird Graubünden ein zweites Gesuch für zwei weitere Rudel einreichen. Zum einen soll auch das Wolfsrudel am Lenzerhorn und jenes im Nationalpark eliminiert werden. Das Nationalparkrudel, Fuorn genannt, hat gemäss Arquint ein einjähriges Rind auf einer Alp nahe des Parks getötet. Und das Lenzerhornrudel hat mehrere Nutztiere aus geschützten Herden gerissen. Für diese Rudelregulationen braucht der Kanton wiederum die Zustimmung aus Bern.
Wie stark die Jägerschaft mithelfen kann, den Wolfsbestand zu reduzieren, das war auch ein Thema im Grossen Rat. Aktuell gilt: Beigezogen werden die Jägerinnen und Jäger beim Abschuss von ganzen Rudeln. «Weshalb nicht auch bei der Regulation von Jungwölfen während der Hochjagd?», wollte der Urmeiner SVP-Grossrat Walter Grass in der Fragestunde wissen.
Mehr Vorgaben bei Jungwölfen
«Weil bei der Regulation von Jungwölfen engere und teilweise unscharfe Vorgaben gelten», antwortete Regierungsrat Martin Bühler auf Grass’ Frage anstelle der zuständigen Regierungsrätin Carmelia Maissen. Sie war am Freitagvormittag nicht im Bündner Parlament, weil sie in den Vorstand der Kantonalen Energiedirektorinnen und -direktoren gewählt wurde.
Bühler führte aus, dass junge Wölfe nur erlegt werden dürfen, wenn sie im Rudelverband unterwegs sind und sich in der Nähe von Siedlungen oder Nutztieren aufhalten. Das Ziel dabei ist, die Rudel scheuer zu machen.
Gefahr von Fehlabschüssen klein
In den vergangenen fünf Jahren hat die Bündner Wildhut gemäss Regierungsrat Bühler mittlerweile zehn Mal junge Wölfe geschossen. Er erklärte: «Die durch den Bund bewilligte Regulierung von insgesamt 30 Jungtieren wurde – unter Berücksichtigung der durchBeschwerden blockierten Abschüsse – lediglich bei drei Jungtieren nichterreicht.» Gerade weil die Jägerschaft nur bei Rudelabschüssen einbezogen wird, sei die Wahrscheinlichkeit, dass ein rudelfremder Wolf getötet wird, so Bühler äusserst klein, aber nicht gänzlich ausgeschlossen.