Biden warnt vor Gewalt – Trump macht Schuldzuweisungen
Der mutmasslich versuchte Anschlag auf den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump rückt die Sorge vor politisch motivierter Gewalt in den USA erneut in den Fokus.
Präsident Joe Biden warnt vor weiterer Eskalation und fordert eine Stärkung des Secret Service, der für den Schutz ranghoher Politiker zuständig ist. Trump gibt dem Demokraten und dessen Stellvertreterin Kamala Harris eine Mitschuld an dem Vorfall.
Gegen den Hauptverdächtigen Ryan Wesley Routh wurde inzwischen Anklage erhoben. Über das Motiv herrscht weiter Unklarheit. Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren.
Biden: Gewalt keinen Sauerstoff geben
Bei einem Auftritt in Philadelphia im US-Bundesstaat Pennsylvania rief Biden dazu auf, Gewalt zu verhindern. «Wir dürfen ihr keinen Sauerstoff geben», sagte er. Konflikte müssten an der Wahlurne gelöst werden. Der Präsident forderte zudem eine bessere Ausstattung des Secret Service. Die Mittel dafür bewilligt das US-Parlament. Vertreter beider Parteien im Kongress signalisierten Bereitschaft, das Budget der Personenschützer zu erhöhen.
Das Weisse Haus teilte mit, Biden und Trump hätten nach dem Vorfall miteinander telefoniert. In dem «freundlichen Gespräch» habe Biden seine Erleichterung darüber geäussert, dass Trump in Sicherheit sei. Dieser habe sich für den Anruf bedankt. Trump selbst gab zunächst keinen Kommentar zu dem Gespräch ab.
Trump beschuldigt Biden und Harris
Zuvor hatte der Republikaner sowohl Biden als auch Vizepräsidentin Harris, gegen die er bei der Präsidentschaftswahl am 5. November antreten wird, eine Mitschuld an dem Vorfall gegeben. «Ihre Rhetorik führt dazu, dass auf mich geschossen wird», sagte er bei Fox News. Auf seiner Plattform Truth Social legte er später nach: «Wegen dieser kommunistischen linken Rhetorik fliegen die Kugeln, und es wird nur noch schlimmer werden!» Der Republikaner nutzte den Vorfall auch als Anlass zum Versand mehrerer Spendenaufrufe, um seine Wahlkampfkasse zu füllen.
Verdächtiger angeklagt
Gegen den Hauptverdächtigen des Geschehens in Florida wurde indes vor einem Bundesgericht in dem Bundesstaat Anklage erhoben. Ryan Wesley Routh wird der Besitz einer Feuerwaffe als verurteilter Straftäter und der Besitz einer Waffe mit entfernter Seriennummer vorgeworfen. Weitere Anklagepunkte könnten folgen.
Medienberichten zufolge arbeitete der 58-Jährige als Bauunternehmer auf Hawaii. In sozialen Netzwerken äusserte er sich demnach häufig politisch, unter anderem zum Ukraine-Krieg. Nach Angaben der US-Bundespolizei FBI steht die «aktive Online-Präsenz» des Verdächtigen aktuell ebenso im Fokus der Ermittlungen wie frühere strafrechtliche Vergehen und mögliche weitere Verdachtsmomente. Berichte, wonach er afghanische Soldaten für den Kampf in der Ukraine rekrutieren wollte, werden ebenfalls geprüft.
Ermittlungen in vollem Gange
Erste Erkenntnisse deuten darauf hin, dass Routh wohl allein handelte. Nach seiner Festnahme berief er sich auf sein Recht auf einen Anwalt und schweigt seither, wie Ric Bradshaw als zuständiger Sheriff von Palm Beach County erklärte.
Der Secret Service hatte den bewaffneten Verdächtigen am Sonntagnachmittag in den Büschen am Zaun von Trumps Golfplatz in West Palm Beach in Florida entdeckt und umgehend das Feuer auf ihn eröffnet. Nach Angaben des Sheriffs ist noch unklar, wo die Kugeln der Sicherheitskräfte einschlugen und woher die Waffe des Verdächtigen stammte. Mobilfunkdaten legen nahe, dass er sich davor rund zwölf Stunden in Tatortnähe aufgehalten hatte.
Routh gab nach Polizeiangaben keinen Schuss ab und floh mit einem Auto. Dank eines Zeugen konnten die Ermittler das Fluchtfahrzeug und den Verdächtigen schnell identifizieren. Routh wurde kurz darauf festgenommen. Am Tatort fanden die Ermittler neben einem Gewehr auch Essensvorräte, eine Kamera und Keramikkacheln, die möglicherweise als improvisierter Schutz vor Kugeln der Sicherheitskräfte dienen sollten.
Sicherheitsbedenken vor der Wahl
Der Vorfall befeuert wenige Wochen vor der Präsidentschaftswahl die Debatte über Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz der Kandidaten. Sheriff Bradshaw betonte, die Schutzmassnahmen für Trump könnten aktuell nicht höher sein. Kurz nach dem mutmasslichen Anschlagsversuch hatte er gesagt, dass Trump weniger Schutz geniesse als ein amtierender Präsident: «Er ist nicht der amtierende Präsident – wenn er es wäre, hätten wir den gesamten Golfplatz umstellt», so Bradshaw.
Erst im Juli war Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung in Pennsylvania zur Zielscheibe eines Attentäters geworden, der ihn mit einem Schuss leicht am Ohr verletzte. Ein Besucher des Freiluft-Events kam ums Leben. Der Schütze wurde getötet, sein Motiv ist bis heute ungeklärt. Der Vorfall führte zu Kritik am Secret Service, dessen Chefin in der Folge zurücktrat. Interims-Chef Ronald Rowe erklärte nun, zahlreiche seitdem getroffene Massnahmen hätten dazu beigetragen, dass die Beamten in Florida schnell reagierten.