Polizistin Elena Hartmann hat auf dem Rad dank Kollegen freie Fahrt
Elena Hartmann, Polizistin im Teilpensum beim Kanton Zürich, erlebt an der Strassen-WM in Zürich Einmaliges. Ihre Kolleginnen und Kollegen sichern die Strecke und geben ihr zugleich den Extra-Boost.
Der Grossanlass in Zürich bindet sämtliche Polizeikräfte, die wenigsten dürfen wohl das Wochenende frei nehmen oder gar Ferien geniessen. Dispensiert ist allerdings Elena Hartmann. Die Olympia-Teilnehmerin von Paris ist nach der krankheitsbedingten Absage von Marlen Reusser am Sonntag der Schweizer Trumpf im Kampf gegen die Uhr.
Die Polizistin wird auf der Zeitfahr-Maschine an ihren Kolleginnen und Kollegen vorbei brausen, die ihr freie Fahrt garantieren. Zurück winken kann sie selbstredend nicht, «aber ich freue mich schon jetzt auf all die Zurufe. Sie werden mir helfen, noch tiefer in den Keller zu gehen», sagt die gebürtige Bündnerin beim Medientermin in Kloten im Freizeit-Dress von Swiss Cycling – statt in Uniform.
An jeder Ecke auf der Strecke von Gossau nach Zürich wird Elena Hartmann erkannt werden. Vor zwei Jahren war noch das Gegenteil der Fall. 2022 wurde die inzwischen 33-jährige Quereinsteigerin ins Strassen-WM-Kader von Swiss Cycling einberufen und kannte nicht einmal ihre Team-Kolleginnen. «Wenn ich an die paar Jahre zurückdenke, ist das alles schon sehr verrückt. Vom Nobody bin ich zum Profi geworden. Es ging alles so schnell.» Mit den Spielen in Paris und nun der Heim-WM in Zürich folgen 2024 zwei Höhepunkte, von denen viele in ihrer Spitzensport-Karriere gar keinen erreichen.
Eine Spätberufene
Elena Hartmann ist eine Spätberufene. 2022 beim zweiten Versuch als 31-Jährige wurde sie gleich Schweizer Meisterin im Zeitfahren. Zum Ausdauersport kam die Bündnerin erst mit 25 Jahren – als Triathletin mit Lieblingsdisziplin Rad. Seit 2023 hat sie nun einen Profi-Vertrag und macht sich daran, «mein Leben als Hobbysportlerin zu professionalisieren». Wenn die Bündnerin an ihre ersten internationalen Auftritte zurückdenkt, die sie mit der wenigen Erfahrung von zwei bis drei Strassenrennen absolvierte, sagt sie: «Da fühlte ich mich zum Teil schon sehr fehl am Platz und fragte mich, was ich hier überhaupt mache.»
Auf dem Weg ins Profitum hat sie in rasanter Fahrt eine grosse Strecke zurückgelegt und sich auf das Zeitfahren spezialisiert. Sie fährt zwar auch die Eintagesrennen und Rundfahrten, doch so richtig wohl ist ihr nicht dabei. Die vielen Stürze im Feld, von denen sie auch immer wieder betroffen sei, würden ihr zu schaffen machen. «Der Respekt fährt mit, manchmal auch die Angst», gesteht sie. Im Zeitfahren hingegen fühle sie sich freier.
Medaille liegt nicht drin
Elena Hartmann hat nicht das Potenzial einer Marlen Reusser. Die Medaille liegt nicht drin, auch die Top Ten sind nur schwer zu erreichen. Mit ihrem 17. Rang an den Spielen in Paris war sie zufrieden, trotz Sturz in einem Kreisel auf den nassen Pflastersteinen. «In Paris konnte ich mein Vorhaben umsetzen.» Zuletzt an der EM auf einer flachen Strecke hingegen klappte es nicht nach Wunsch. «Der Anstieg hier in Zürich kommt mir entgegen», betont Elena Hartmann. «Wenn ich in Zürich wie in Paris meinen Plan umsetzen kann, werde ich zufrieden sein.»