Sportdirektor Schwarz glaubt an eine erfolgreiche GC-Zukunft
Stephan Schwarz ist seit Ende März Sportdirektor der Grasshoppers und hat die schwierige Aufgabe, den schlingernden Rekordmeister wieder auf Kurs zu bringen.
Im Interview mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA spricht der 54-jährige Deutsche unter anderem über den missglückten Saisonstart, was ihn an der Aufgabe gereizt hat, wie GC künftig wahrgenommen werden soll und warum Marco Schällibaum nach wie vor der richtige Trainer ist.
Stephan Schwarz, GC hat nach zehn Spielen lediglich acht Punkte auf dem Konto und ist im zweitletzten Rang klassiert. Wie beurteilen Sie den Saisonstart?
«Teilweise spielten wir gut, aber am Ende des Tages zählt die Punkteausbeute. Die ist nicht so, wie wir uns das vorstellen. Deshalb sind wir aktuell sicherlich nicht ganz zufrieden.»
Was sind für Sie Hauptgründe für die wenigen Punkte?
«Wir machten in den entscheidenden Momenten immer mal wieder Fehler oder waren nachlässig. Das wurde leider immer jämmerlich bestraft. Aus diesen Dingen müssen wir lernen, um uns zu belohnen. Wir müssen noch beharrlicher arbeiten. Ich sage immer wieder, es gibt keinen Ersatz für Siege.»
Viele Verpflichtungen wurden erst nach dem Saisonstart getätigt. Welche Rolle spielt das?
«Das spielt sicherlich eine Rolle. Die Integration ging jedoch rasch und gut vonstatten. Das liegt an den Spielern, weil sie menschlich und charakterlich sehr gut sind. Sie wurden zudem gut aufgenommen von der Mannschaft. Jedoch müssen und können Abläufe noch besser einstudiert werden, damit wenig Fehler passieren. Fussball ist ein Fehlersport, jedoch gilt es zu verhindern, dass eine Fehlerkette entsteht, die zu einem Gegentor führt.»
Sie sind seit Ende März im Amt. Was hat Sie an der Aufgabe gereizt, zumal es damals noch nicht klar war, ob GC in dieser Saison in der Super League spielt?
«Der Verein, diese Konstellation, meine Erfahrung einbringen zu dürfen. Ich kannte GC aus der Historie heraus, die im Klub eine grosse Rolle spielt, erlebte früher auf dem Hardturm tolle Emotionen, sah tolle Spieler. Gleichzeitig fand ich eine sehr gute Jugendarbeit vor, es gab hier Talente in Hülle und Fülle. Das ging in den letzten 10, 15 Jahren sicherlich etwas verloren. Ich habe richtig Lust darauf, das Ganze gemeinsam mit den Leuten hier erneut in diese Richtung zu lenken. Da sind wir dran mit Ausbildungskonzepten, mit individueller Förderung. Das Ziel muss sein, wieder vermehrt eigene Nachwuchsspieler in die erste Mannschaft integrieren zu können. Wir brauchen Kontinuität und Stabilität. Das ist unsere oberste Priorität.»
Mit welchen Tugenden wollen Sie das erreichen?
«Fleissig und beharrlich zu sein, lebe ich tagtäglich vor. Wir führen sehr viele Gespräche miteinander, jeder soll sich mitgenommen fühlen. Die Leute sollen spüren, dass wir (die neue Führung – Red.) nahbar und transparent sind, die Dinge offen und ehrlich ansprechen und keine Träume verkaufen. Die Realität muss wieder einkehren. Wenn wir das Wir-Gefühl in der Administration, in der Geschäftsstelle, mit den Spielern haben, dann kann etwas entstehen. Vertrauen untereinander ist die Basis, um gemeinsam wachsen und erfolgreich sein zu können. Eine gewisse Aufbruchstimmung ist vorhanden, diese gilt es nun voranzutreiben.»
Wie soll GC künftig wahrgenommen werden?
«Als leistungsorientierter und nahbarer Verein, der die Stadt Zürich im Herzen trägt und das auch nach aussen transportieren möchte. Wir wollen für ehrlichen Fussball stehen, so dass sich die Zuschauer mit den Spielern auf dem Platz identifizieren können.»
Zu den Problemen gehört auch das Stadion. Die schon lange geplante neue Arena wird nach wie vor nicht gebaut und das Ganze kann sich durchaus noch lange hinziehen. Das führt zu einem grossen strukturellen Defizit, das gedeckt werden muss. Dieses Geld fehlt dann für Investitionen in die erste Mannschaft. Ist es für GC also überhaupt realistisch, mittelfristig wieder erfolgreich zu sein?
«Da müssen wir jetzt durch und das Beste daraus machen. Wir haben allerdings durchaus Möglichkeiten, die Mannschaft Stück für Stück zu optimieren, neue Hebel einzusetzen, damit wieder ein neues Gefüge entsteht, mit dem mehr Leistung generiert werden kann.»
Erschweren die Unruhen der Vergangenheit, Spieler zu GC zu holen?
«Ja, das muss man ganz klar sagen. Es gab in diesem Sommer mehrfach Spieler, die aufgrund der Vergangenheit von GC sagten, lieber zu einem stabilen Verein gehen zu wollen. Deshalb ist es so wichtig für uns, bei den Menschen das verlorene Vertrauen zurückzugewinnen und Stabilität hineinzubekommen. Wenn wir das schaffen, dann werden wir als Verein, als Mannschaft wieder anders wahrgenommen.»
Ihr Aufgabengebiet ist sehr gross, dementsprechend gross ist die Belastung. Zudem stimmen aktuell die Resultate nicht. Können Sie gut abschalten?
«Nein, das fällt mir schwer, muss ich ganz ehrlich sagen. Das ist etwas, das ich mit nach Hause, mit in die Nacht nehme. Ich versuche allerdings regelmässig joggen zu gehen, um mir Luft und Freiraum zu geben, die Gedanken mal schweifen zu lassen. Das ist mein Ausgleich zum Tagtäglichen.»
Warum ist Marco Schällibaum trotz der dürftigen Resultate nach wie vor der richtige Trainer?
«Das ist kein Thema für uns. Wir sind gemeinsam den Weg durch die Barrage gegangen und sind nun daran, etwas Nachhaltiges aufzubauen. Stabilität kann nicht von heute auf morgen erzeugt werden, Rückschläge sind normal. Mit diesen gehen wir um, verarbeiten sie und ziehen daraus unsere Schlüsse, um in naher Zukunft jene Ergebnisse zu erzielen, die wir uns vorstellen. Es gibt für uns nur eine Richtung, gemeinsam nach vorne zu schauen.»
Was ist das, was Sie am meisten überzeugt an Schällibaum?
«Das Gesamtpaket, wie er als Mensch ist, als Trainer, als Führungsperson, die Art und Weise wie er trainiert, wie er mit der Mannschaft umgeht. Er bringt alle Facetten mit, die ein Trainer braucht, um mit einer Mannschaft irgendwann den nötigen Erfolg zu haben. Ein erster nötiger Erfolg war, die Barrage zu überstehen. Davor waren wir in einer sehr, sehr schwierigen Situation. Marco gab dem Team Stabilität, Hoffnung und auch Überzeugung. Das hat sich nicht verändert.»
Am Samstag das Spiel in Lausanne, das drei Punkte vor GC im 9. Rang klassiert ist. Also eine sehr wichtige Partie.
«Absolut. Allerdings ist jedes Spiel sehr wichtig. Wir wollen jede Partie gewinnen und so treten wir auf. Wir schaffen es aber immer noch nicht, ein Spiel auf einem guten Niveau durchzuziehen. Es ist ein Teil unseres Entwicklungsprozesses, jene Phasen, in denen ein Gegner mehr drückt, ruhig und souverän zu überstehen, um dann wieder selber Akzente setzen zu können.»
Zum Schluss, was macht Sie optimistisch, dass GC mittelfristig wieder eine gute Adresse im Schweizer Fussball sein wird?
«Optimistisch machen mich alle Menschen, die mit uns arbeiten. Ich spüre von allen Mitarbeitern, dass sie richtig Lust haben, das Ganze mitanzuschieben. Das ist die grösste Hoffnung. Zudem spüren wir die Unterstützung der Fans. Diese gibt uns Kraft, an eine erfolgreichere Zukunft zu glauben. An einer solchen arbeiten wir. Ich sage immer wieder, dass es zwei bis vier Transferperioden brauchen wird, bis wir jene Mannschaft haben, die das verkörpert, an dem alle wieder Freude haben sollen.»