EU-Kommission eröffnet Verfahren gegen Online-Händler Temu
Die Europäische Kommission verdächtigt den chinesischen Online-Marktplatz Temu gegen EU-Recht zu verstossen. Die Brüsseler Behörde leitete ein formales Verfahren ein, um zu prüfen, ob die Plattform etwa genug gegen den Verkauf illegaler Produkte vorgehe.
Ausserdem solle die potenziell süchtig machende Gestaltung des Dienstes untersucht werden, wie es am Donnerstag in einer Mitteilung weiter hiess. Dem Online-Marktplatz wird aber vor allem vorgeworfen, nicht genug gegen illegale Produkte zu tun.
Bestimmte unseriöse Händler würden wieder auf der Plattform auftauchen, nachdem sie gesperrt worden seien, hiess es von der Kommission. Ausserdem bestehe das Risiko, dass die Plattform durch Belohnungsprogramme süchtig mache. Das könne negative Folgen für das körperliche und geistige Wohlbefinden einer Person haben. Die Kommission will nun weiter Beweise sammeln, etwa durch Befragungen.
Brüssel ist auch gegen andere Plattformen vorgegangen
In einer Voruntersuchung hatte die Brüsseler Behörde bereits detaillierte Informationen von Temu über die Massnahmen verlangt, mit denen ein Wiederauftauchen von Händlern verhindert werden soll, die illegale Produkte auf ihrem Online-Marktplatz verkaufen. Die Kommission wollte auch Auskunft, wie die Risiken für Verbraucher eingedämmt werden.
Die Brüsseler Behörde hatte bereits ähnliche Verfahren gegen X (früher Twitter), Tiktok und AliExpress eröffnet. Grosse Online-Plattformen werden von einem neuen EU-Gesetz über digitale Dienste (DSA) verpflichtet, strikt gegen illegale Inhalte im Netz vorzugehen.
Temu ist sehr beliebt in Deutschland
Temu zählt nach anderthalb Jahren am Markt bereits zu den grössten Onlinehändlern in Deutschland. Laut einer Untersuchung der zum Meinungsforschungsinstitut YouGov gehörenden Consumer Panel Services GfK, landete das Shoppingportal gemessen an der Anzahl der Bestellungen im ersten Halbjahr 2024 auf dem sechsten Platz der Top-Onlinehändler.
Handelsvertreter, Politiker und Verbraucherschützer kritisieren jedoch unter anderem Produktqualität, unfaire Wettbewerbsbedingungen und mangelnde Kontrollen. Die Plattform weist solche Vorwürfe zurück.
Handelsbeziehungen zu China sind angespannt
Das Brüsseler Verfahren gegen Temu findet zu einem Zeitpunkt statt, an dem die wirtschaftlichen Spannungen mit China zunehmen. Seit Mittwoch gelten EU-Zusatzzölle auf aus China importierte Elektroautos.
Vor dem Beschluss der EU-Kommission hatte Anfang des Monats eine ausreichend grosse Mehrheit der EU-Staaten für die Strafzölle gestimmt. Deutschland votierte gegen die Massnahme, aus Sorge vor einem neuen grossen Handelskonflikt und möglichen Vergeltungsmassnahmen gegen deutsche Hersteller.