Russische Exil-Opposition protestiert weltweit gegen Putin
Gegen den russischen Angriffskrieg in der Ukraine und gegen Präsident Wladimir Putin sind am Wochenende weltweit Exil-Russinnen und -Russen auf die Strasse gegangen. Auch in Zürich und Genf protestierten Dutzende.
Aufgerufen zum grossen Marsch in Berlin mit über 1000 Teilnehmern hatten prominente Vertreter der russischen Exil-Opposition, darunter Julia Nawalnaja, Ilja Jaschin und Wladimir Kara-Mursa.
Die drei wichtigsten russischen Oppositionellen forderten die Teilnehmer des Marsches in der deutschen Hauptstadt eindringlich auf, im Kampf gegen Putin nicht nachzulassen. Mit Rufen wie «Nein zum Krieg» und «Nieder mit Putin» begrüsste Jaschin unter grossem Jubel die Protestteilnehmer.
Die Demonstration, angeführt von Nawalnaja, Kara-Mursa und Jaschin, startete am Nachmittag am Potsdamer Platz und führte über die Friedrichstrasse zur russischen Botschaft Unter den Linden. Anlass des Marsches war der 1000. Tag nach dem russischen Überfall auf die Ukraine am 24. Februar 2022.
Die Berliner Polizei nannte die Zahl von rund 1500 Teilnehmern. Die Organisatoren sprachen zu Beginn der Demonstration von 1500 bis 2000 Teilnehmern. Die Grösse des Protests galt als Gradmesser für den politischen Einfluss der Kreml-Kritiker im Ausland. Zumal Berlin mit geschätzt rund 200’000 russischstämmigen Einwohnern eine der grössten Exil-Russen-Gemeinden der Welt besitzt.
Die prominenten Putin-Kritiker hofften, mit der Demonstration der zersplitterten russischen Exil-Opposition neuen Schwung zu verleihen. Ziel sei es, «alle zu vereinen, die sich gegen die aggressive und verbrecherische Politik von Wladimir Putin stellen – gegen den Krieg in der Ukraine und gegen die politischen Repressionen innerhalb Russlands», erklärten die Organisatoren im Vorfeld.
«Hände weg von der Ukraine!»
«Russland, das sind wir», rief Jaschin dann bei dem Protestmarsch unter dem Jubel der Teilnehmer und «Hände weg von der Ukraine!». Slogans bei der Demonstration waren «Freiheit für Russland», «Wir haben keine Angst» oder «Zusammen gegen Putin». Viele Teilnehmer trugen Schilder mit der Aufschrift «Putin muss vor Gericht» und «Wir stehen an der Seite der Ukraine».
Jelena Gajewa vom Verein Demokratija, der die Veranstaltung mitorganisiert hatte, erinnerte die Teilnehmer daran, dass die russische Zivilgesellschaft «von innen heraus» wachse. Unterstützung für die Ukraine bezeichnete sie als «unsere moralischste Pflicht». «Unser Weg zu einem freien und demokratischen Russland besteht darin, der Ukraine zu helfen», sagte sie.
Zu den Forderungen der Teilnehmer gehörten der sofortige Abzug der russischen Truppen aus der Ukraine, die Amtsenthebung Putins und Anklage gegen ihn als Kriegsverbrecher. In Russland sitzen tausende Kritiker der Kreml-Politik im Gefängnis.
Neue Hoffnung nach Tod Nawalnys
Der Tod des prominenten Oppositionsführers Alexej Nawalny, der im Februar in einem russischen Straflager in der Arktis mutmasslich vom Putin-Regime ermordet wurde, hatte den russischen Dissidenten einen harten Schlag versetzt. Dessen Witwe führt nun den Widerstand gegen Putin vom Exil in Deutschland aus weiter.
Doch die Freilassung unter anderen von Jaschin und Kara-Mursa Anfang August bei einem Gefangenenaustausch zwischen Moskau und dem Westen verlieh der Gemeinschaft der Exil-Russen und Putin-Gegner auch neue Hoffnung.
Am Ende der Kundgebung in Berlin wandten sich alle drei Oppositionsführer geschlossen an die Protestteilnehmer. Nawalnaja appellierte an die Exil-Russen, weiter «gegen das Putin-Regime» und gegen den Krieg zu kämpfen, «den Putin mit der Ukraine entfesselt hat», auch wenn dies schwierig sei.
Verurteilung Putins als Kriegsverbrecher
Der Dissident Kara-Mursa, der Nawalny nahestand, forderte die Verurteilung Putins als «Kriegsverbrecher». «Wir fordern, dass nicht nur Putin selbst, sondern alle seine Komplizen, die Kriegsverbrecher, die in unserem Land die Macht ergriffen haben, vor Gericht gestellt werden», sagte er.
Die bisher letzten grossen Demonstrationen von Kreml-Kritikern fanden in Russland spontan statt; so nahmen Tausende im März 2024 trotz der Repression in Russland an der Trauerfeier für Nawalny in Moskau teil.
Zum 1000. Tag nach Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine auf Befehl von Präsident Putin fanden weltweit rund hundert Protestveranstaltungen teil – von Australien und Japan im Osten über ganz Europa und Südamerika bis in die USA und nach Kanada.