«Da, wo wir hingehören»
Die Schweizer Tennisfrauen bleiben im Billie Jean King Cup erstklassig. Serbien war in Biel kein Gradmesser, doch die Spielerinnen sind überzeugt, dass sie wieder zu Grossem fähig sind.
Der 4:0-Sieg gegen ein junges und überfordertes serbisches Team, bei dem die Schweizerinnen am Freitag und Samstag in vier Partien nur gerade elf Games abgaben, stand nie auch nur ansatzweise in Gefahr. «Auf dem Resultatblatt waren wir noch nie so überlegen», stellt denn auch der erfahrene Captain Heinz Günthardt fest. Zwar schiebt er noch nach, dass es «viele enge Games» gegeben habe, aber seine Spielerinnen waren mehr als eine Klasse besser.
Damit erhalten die Team-Weltmeisterinnen im kommenden Jahr wieder die Chance, am Ende der Saison um den Titel zu spielen. Günthardt und die beiden Einzelspielerinnen Viktorija Golubic und Belinda Bencic sind sich einig: «Da gehören wir auch hin.» Nach einem für das Schweizer Tennis schwierigen Jahr mit aktuell niemandem – weder Männer noch Frauen – in den Top 100 der Weltrangliste, sieht der Ausblick wieder deutlich erfreulicher aus.
Bencic mit Baby und Lockerheit
Ein wichtiger Grund dafür ist das Comeback von Belinda Bencic sechs Monate nach der Geburt ihrer Tochter Bella. Das Baby – und Bencics Familienhund – wurden vom ganzen Team begeistert adoptiert. Der Papa und die Grosseltern schauten Belinda meist hinter einer Glasscheibe im Mediencenter zu – und die Mama winkte zwischen Ballwechseln manchmal sogar. «Vielleicht bin ich jetzt etwas lockerer», erzählt die 27-jährige Olympiasiegerin von 2021 strahlend.
Tennis hat nicht mehr die höchste Priorität für Bencic, der Ehrgeiz der ehemaligen Weltnummer 4 und US-Open-Halbfinalistin ist aber ungebrochen. Noch immer lautet das ultimative Ziel der Sieg bei einem der vier Grand-Slam-Turniere.
Weitere Einsätze in Frankreich
Nach den ersten beiden ITF-Turnieren ist Bencic die Nummer 913 des WTA-Rankings. Diese Zahl dürfte schnell nach unten gehen. Anfang Dezember will sie in Angers und Limoges noch zwei Challenger-Turniere spielen, da dürften die Gegnerinnen nochmal ein Stück stärker sein als bei den ITF-Events und im Billie Jean King Cup der letzten Wochen. Am 22. Dezember geht es dann auf die lange Reise nach Australien, wo sie dank ihrem geschützten Ranking sicher den United Cup und das Australian Open bestreiten wird.
Auch Viktorija Golubic möchte ihre – wie oft – glänzende Herbstform noch nutzen. Dank ihres zweiten WTA-Turniersieges vor zwei Wochen in China hat sich die 32-jährige Zürcherin und Olympia-Silbergewinnerin im Doppel mit Bencic wieder nahe an die Top 100 herangekämpft. Ob es für die direkte Qualifikation für das Hauptfeld des Australian Open reicht, hängt aber auch noch davon ab, wie viele Spielerinnen ein geschütztes Ranking nutzen werden. Auch Golubic will in Frankreich zumindest noch ein Turnier spielen.
Neuer Modus und hohe Ziele
So oder so wollen die Schweizer Tennisfrauen auch im Team wieder angreifen. «Ein solcher Erfolg gibt schon Schwung», sagt Heinz Günthardt. «Und wir hatten schon immer hohe Ziele.» Vor zwei Jahren erfüllten sie diese mit dem Titel in Glasgow. «Ich bin der Ansicht, dass das Team, wenn gewisse Dinge zusammenkommen, enorme Möglichkeiten hat. Wer weiss, wie weit diese Reise noch gehen kann», so der Captain.
Dabei steht wieder ein neuer Modus an. Im April wird es sieben Dreiergruppen geben, von denen sich die sieben Sieger für das Finalturnier im November qualifizieren. Die Gegner sollen nächste Woche ausgelost werden, der Austragungsort danach bestimmt.