Merkel wollte keinen schnellen Nato-Beitritt der Ukraine
Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel hat ihre Erinnerungen als Buch vorgelegt. Darin beschreibt sie auch, wie sie in ihrer Amtszeit den Wunsche der Ukraine nach einem schnellen Nato-Beitritt auszubremsen versucht hatte.
Merkel befürchtete damals eine militärische Antwort Russlands. Das berichtet die 70-jährige Christdemokratin in ihren am Dienstag erscheinenden Memoiren mit dem programmatischen Titel «Freiheit», aus denen die «Zeit» vorab einen Auszug veröffentlicht hat.
Ihre Politik gegenüber der Ukraine wird Merkel in Kiew bis heute vorgehalten. Über den entscheidenden Nato-Gipfel 2008 in Bukarest, als es um einen Plan für einen Beitrittskandidaten-Status der Ukraine und Georgiens ging, schreibt die damalige Kanzlerin: «Ich verstand den Wunsch der mittel- und osteuropäischen Länder, so schnell wie möglich Mitglied der Nato zu werden.» Aber: «Die Aufnahme eines neuen Mitglieds sollte nicht nur ihm ein Mehr an Sicherheit bringen, sondern auch der Nato.»
Minderheit der Ukraine für Beitritt
Dabei sah sie Risiken hinsichtlich der vertraglich abgesicherten Präsenz der russischen Schwarzmeerflotte auf der ukrainischen Halbinsel Krim. «Eine solche Verquickung mit russischen Militärstrukturen hatte es bislang bei keinem Nato-Beitrittskandidaten gegeben. Ausserdem unterstützte damals nur eine Minderheit der ukrainischen Bevölkerung eine Mitgliedschaft des Landes in der Nato», erinnert sie sich.
Am Ende stand ein Kompromiss, der aber einen Preis hatte, wie Merkel schreibt: «Dass Georgien und die Ukraine keine Zusage für einen MAP-Satus (Beitrittskandidaten-Status) bekamen, war für sie ein Nein zu ihren Hoffnungen. Dass die Nato ihnen zugleich eine generelle Zusage für ihre Mitgliedschaft in Aussicht stellte, war für Putin ein Ja zur Nato-Mitgliedschaft beider Länder, eine Kampfansage.»