Scholz schlägt Auflösung des deutschen Bundestags vor
Nach dem Nein des Bundestags zu seiner Vertrauensfrage hat der deutsche Kanzler Olaf Scholz (SPD) Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei einem Treffen im Schloss Bellevue die Auflösung des Parlaments vorgeschlagen.
Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen. Steinmeier hat nun 21 Tage Zeit zu entscheiden, ob er zustimmt und eine Neuwahl des Parlaments innerhalb von 60 Tagen ansetzt.
Da alle im Bundestag vertretenen Parteien dafür sind, gilt auch die Zustimmung Steinmeiers als sicher. Er hat auch schon signalisiert, dass er den von Regierung und oppositionellen Christdemokraten angestrebten Wahltermin 23. Februar für realistisch hält.
Steinmeier will zunächst Gespräche mit Fraktionen führen
Steinmeier will in den nächsten Tagen aber zunächst Gespräche mit allen Fraktionen und Gruppen im Bundestag führen. Es ist die Pflicht des Bundespräsidenten zu prüfen, ob es andere Möglichkeiten gibt, eine stabile Regierung zu bilden. «Wir sollten jetzt nicht huddeln», sagte Steinmeier in einem am Wochenende veröffentlichten ARD-Interview. «Die Hektik der Tagespolitik und die Schlagzahl der Medien gibt jetzt nicht das weitere Verfahren vor, sondern die Verfassung und ihre Regeln.»
Der Bundestag hatte Scholz zuvor das Vertrauen entzogen und damit den Weg dafür bereitet, dass die Bundestagswahl sieben Monate früher als ursprünglich geplant stattfinden kann. Bei der Abstimmung votierten 207 Abgeordnete für Scholz, 394 gegen ihn, und 116 enthielten sich. Der Kanzler verfehlte damit die notwendige Mehrheit von 367 Stimmen deutlich.
Vertrauensfrage einziger Neuwahl-Hebel des Kanzlers
Die Vertrauensfrage war für Scholz die einzige Möglichkeit, selbst eine vorgezogene Bundestagswahl herbeizuführen. Er hatte diesen Schritt bereits am 6. November unmittelbar nach dem Rausschmiss von FDP-Finanzminister Christian Lindner und dem Aus seiner «Ampel»-Koalition angekündigt, um wieder stabile Verhältnisse herzustellen. Er führt eine von SPD und Grünen getragene Regierung, die im Bundestag keine Mehrheit mehr hat. Ohne Unterstützung aus der Opposition kann sie nichts mehr durchsetzen. Ursprünglich wollte Scholz die Vertrauensfrage erst im Januar stellen, was Neuwahlen erst gegen Ende März möglich gemacht hätte.
Scholz bleibt voll handlungsfähig
Auf den Status des Kanzlers und die Regierung hat die verlorene Vertrauensfrage keine Auswirkung. Der Kanzler und seine Regierung bleiben im Amt – und zwar im vollen Umfang und nicht nur geschäftsführend. Erst mit der Konstituierung des neuen Bundestags maximal 30 Tage nach der Wahl endet laut Artikel 69 Grundgesetz das Amt des Bundeskanzlers und seiner Minister. Wenn zu diesem Zeitpunkt die Verhandlungen über eine neue Regierungskoalition weiterhin nicht abgeschlossen sind, kann der Bundespräsident die alte Regierung bitten, die Amtsgeschäfte bis zur Vereidigung der neuen weiterzuführen.