Alain Berset: «Habe in der Ukraine mehrfach Luftangriffe erlebt»
Alain Berset engagiert sich als Generalsekretär des Europarats in Konfliktregionen wie Georgien und der Ukraine. Letztere hat er bereits dreimal innerhalb eines Jahres besucht, wie er im Interview mit dem «Blick» sagte.
«Ich habe mehrfach Luftangriffsalarme erlebt, bei Tag und während der Nacht», so Berset. Angesichts der Diskussion in der Schweiz über den Schutzstatus S, der ausschliesslich für Ukrainerinnen und Ukrainer aus betroffenen Kriegsregionen gelten soll, sagte er: „Das ganze Land ist in einen Krieg gegen die Atommacht Russland verwickelt. Das ganze Land, nicht nur ein Teil. Es gibt im Moment keine sicheren Gegenden in der Ukraine.“ Auch die rund 100 Mitarbeitenden des Europarats-Büros in Kiew seien täglich mit den Schrecken des Krieges konfrontiert.
Berset betonte die Notwendigkeit einer rechtlichen Aufarbeitung aller Kriegsverbrechen. Der Europarat habe dafür ein Schadensregister eingerichtet, das bereits über 13’000 Einträge umfasst. Dieses solle später als Grundlage für Wiedergutmachungen dienen. Die Frage nach der Finanzierung sei jedoch noch offen, räumte Berset ein. Es gäbe viele eingefrorene Vermögenswerte in ganz Europa, doch diese Diskussion dürfte schwierig werden.
Berset stellte Ukraine und Menschenrechte in den Fokus
Alain Berset hat am 18. September das Amt des Generalsekretärs des Europarates übernommen. In seiner ersten öffentlichen Rede vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarats in Strassburg hatte er seine Vision für die neue Aufgabe skizziert. Ins Zentrum stellte er die Menschenrechte, die Ukraine, die Demokratie und Europa.
Russland müsse für seine Verbrechen in der Ukraine nach dem militärischen Überfall zur Verantwortung gezogen werden, betonte Berset bereits damals vor den Parlamentariern des Europarats. Europa werde die Ukraine in der Bewahrung ihrer Freiheit und Unabhängigkeit sowie bei ihrem Wiederaufbau unterstützen.
Vertreter Russlands waren in Strassburg nicht anwesend, da der Aggressor nach der Invasion in die Ukraine im Februar 2022 aus der Parlamentarischen Versammlung des Europarats ausgeschlossen worden war. Die Mitgliedschaft im Europarat wurde Russland schliesslich im März 2022 entzogen.