Streit zwischen Baldoni und Lively: Das Ende von #MeToo?
Schon zur Premiere im vergangenen Sommer stimmte etwas nicht. Blake Lively und Justin Baldoni, die beiden Hauptdarsteller des Filmdramas «Nur noch ein einziges Mal», zeigten sich nicht gemeinsam auf den roten Teppichen, sprachen in Interviews so gut wie nie übereinander und folgten sich gegenseitig nicht mehr in den sozialen Medien.
Der Film, der auf dem gleichnamigen Bestseller von Colleen Hoover beruht, bekam nur mittelmässige Kritiken und spielte weltweit rund 350 Millionen US-Dollar (etwa 340 Millionen Euro) an den Kinokassen ein – aber scheint nun ein umso dramatischeres Nachspiel zu haben: Lively – 37, berühmt geworden mit der Serie «Gossip Girl», enge Freundin von Taylor Swift und Ehefrau von Schauspiel-Kollege Ryan Reynolds, mit dem sie vier Kinder hat – und Baldoni – 40, berühmt geworden mit der Serie «Jane the Virgin», verheiratet mit der Schauspielkollegin Emily Foxler, mit der er zwei Kinder hat – überziehen sich gegenseitig mit Klagen.
Die Vorwürfe: Sexuelle Belästigung, Verleumdung, Manipulation
Zunächst zeigte Lively im Dezember Baldoni wegen sexueller Belästigung an und warf ihm sowie dem Produzenten Jamey Heath in einer Klage vor, ihren Ruf zerstören zu wollen. Nun verklagt Baldoni Lively – sowie deren Ehemann Ryan Reynolds und die gemeinsame Presseagentin wegen Verleumdung auf eine millionenschwere Entschädigungssumme. Sie hätten Medien manipuliert sowie Produktion und Vermarktung des Films an sich gerissen.
«Dies ist eine uralte Geschichte», konterten Livelys Anwälte. «Eine Frau meldet sich mit konkreten Beweisen für sexuelle Belästigung und Vergeltungsmassnahmen zu Wort, und der Täter versucht, den Spiess gegen das Opfer umzudrehen.»
Fans weltweit bleiben verwundert zurück und rätseln, was sich wirklich hinter den Filmkulissen abgespielt haben könnte. Sollte man sich auf die Seite von Baldoni stellen und den vielen Negativ-Berichten über Lively glauben, nach denen sie beispielsweise den Film «Nur noch ein einziges Mal», in dem es auch um häusliche Gewalt geht, völlig unangemessen beworben und es vor allem auf Selbst-Vermarktung abgesehen hat?
Oder sollte man Lively glauben, dass Baldoni in seinem Verhalten ihr gegenüber mehrfach Grenzen überschritten habe? Unter anderem soll er mit Produzent Heath in ihre Garderobe gekommen sein, während sie ihr Baby stillte, und mehrfach sexuell belästigende Kommentare gemacht haben.
«Kollaps der Ära #MeToo in Hollywood»
Baldoni hatte Ende Dezember bereits die «New York Times» wegen Verleumdung verklagt – aufgrund eines Artikels, in dem ihm vorgeworfen wurde, mit Hilfe professioneller Krisenmanager eine Schmutzkampagne gegen Lively angezettelt zu haben, nachdem sie ihm sexuelle Belästigung unterstellte. Geschrieben wurde der Artikel unter anderem von Megan Twohey – die gemeinsam mit Kollegen die sexuellen Übergriffe Harvey Weinsteins ans Tageslicht brachte und dafür 2018 den Pulitzer Preis bekam. Das brachte die globale MeToo-Bewegung ins Rollen gebracht, bei der vor allem Frauen auf sexuelle Übergriffe durch Männer aufmerksam machten.
Was genau im Fall Lively/Baldoni geschah und wer Recht bekommt, müssen nun Anwälte und möglicherweise auch Gerichte ausmachen. Aber der Fall illustriert vor allem etwas anderes: Den «Kollaps der Ära #MeToo in Hollywood», wie das Magazin «New Yorker» schreibt. Die Anschuldigungen von Lively würden nicht ernst genommen, sondern sie werde mit einer Gegenkampagne überzogen – die in der öffentlichen Wahrnehmung Erfolg habe. «Wir sind nicht mehr in der Ära #MeToo. Der Standard, »Frauen zu glauben«, wurde nie wirklich Standard.»