Servette will aus der Negativspirale ausbrechen
Titelverteidiger Genève-Servette ist im Halbfinal der Champions Hockey League krachend gescheitert. Die Negativspirale dreht weiter. Nun droht in der Meisterschaft erneut das Verpassen der Playoffs.
Eine Woche nach der 1:6-Ohrfeige im Halbfinal-Hinspiel der Champions Hockey League überraschte das Ausscheiden von Genève-Servette gegen die ZSC Lions nicht mehr. Wenigstens hat sich der Titelverteidiger mit einem 3:3 im Rückspiel in Zürich noch einigermassen ehrenvoll aus dem europäischen Klub-Wettbewerb verabschiedet. Das Verpassen des Finals schmerzt trotzdem, da sich die Grenats zuletzt immerhin an den guten Leistungen auf europäischer Ebene aufrichten konnten.
Denn in der heimischen Meisterschaft finden sich die Genfer derzeit in der Tabelle weit hinten wieder. Der 11. Platz entspricht überhaupt nicht den Ansprüchen im Klub, die nach dem ersten Meistertitel vor zwei Jahren und dem Gewinn der Champions Hockey League im Vorjahr gestiegen sind. Nachdem die Servettiens vor einem Jahr im Sog des Triumphs im Europacup die Playoffs verpasst haben, müssen sie heuer sogar um die Teilnahme am Play-In der Teams auf den Rängen 7 bis 10 zittern.
Turnaround bleibt aus
Auch die Entlassung von Erfolgstrainer Jan Cadieux in der Altjahrswoche brachte nicht die erhoffte Wirkung. Cadieux’ Nachfolger, seine bisherigen Assistenten Yorick Treille und Rikard Franzén, haben es nicht geschafft, dem Team den nötigen, erwarteten Schwung zu verleihen. In den elf Partien konnte das Interimsduo wettbewerbsübergreifend nur vier Siege verbuchen. Dabei setzte es auch deutliche Niederlagen wie das 4:7 in Zug oder das 3:7 bei den Rapperswil-Jona Lakers – die 1:6-Heimpleite gegen den ZSC war also keine Ausnahme.
Deshalb halten sich die Gerüchte über einen neuerlichen Trainerwechsel in Genf hartnäckig, obschon Sportchef Marc Gautschi unlängst seine Absicht kundtat, zumindest bis zum Saisonende am Duo Treille/Franzén festhalten zu wollen. Von einer möglichen Verpflichtung des ehemaligen NHL-Trainers Gerard Gallant, der Kanada 2021 zum WM-Titel geführt und zuletzt das Team Canada am Spengler Cup gecoacht hat, oder des im Frühling bei Fribourg-Gottéron entlassenen Christian Dubé war die Rede.
Fehlende Geduld und Disziplin
Angesprochen auf die Gründe, weshalb dem Team der Turnaround nicht gelingen will, meint Tanner Richard: «Wenn wir das wüssten, würden wir es sofort ändern.» Dann wird der Nationalstürmer im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA doch noch ausführlicher. «Es fehlt die letzte Konsequenz. 55 Minuten gut defensiv zu spielen, reicht nicht.» Das sei am Dienstag gegen den ZSC wieder augenfällig gewesen. «Sie sind nicht unbedingt besser, trotzdem gehen sie 2:0 in Führung.»
Dabei übte Richard auch Selbstkritik. «Vor dem ersten Gegentor mache ich einen Fehler, und sie schiessen im Gegenzug das 1:0. Dann leisten wir uns zwei unglückliche Strafen, schon steht es 2:0.» Die letzten Auftritte der Genfer zeigen: Immer wieder verlieren die Spieler Geduld und Nerven und bringen damit das Team aus dem Tritt. «Das ist ein bisschen unsere Achillessehne in dieser Saison. Die Gegner nutzen das eiskalt aus», sagt Richard und lässt dann mit folgendem Satz aufhorchen: «Sie sind teils etwas hungriger.»
Klublegende Bezina besorgt
Eine Aussage wie diese lässt einen stutzig werden. Auch Vereinslegende Goran Bezina ist besorgt über den Absturz der Genfer. Der frühere Verteidiger mit der Erfahrung von 177 Länderspielen bot dem Klub an, ihm bis zum Saisonende mit «guten Ratschlägen und seiner Erfahrung» zu helfen, wie «Tribune de Genève» letzte Woche berichtete. «Manchmal braucht es nicht viel, um eine Mannschaft umzukrempeln. Aber im Moment fehlt es dem GSHC an Feuer und Charakter. Es ist ganz einfach: Die Spieler müssen sich jetzt bewegen, und zwar schnell, denn die Zeit wird knapp», wird der Walliser zitiert.
«Das Positive ist, dass wir noch 14 Spiele haben. Wir haben es in den eigenen Händen, um das Play-In zu erreichen», meint Richard zur verzwickten Ausgangslage. Die direkten Playoff-Plätze (Top 6) liegen für Servette wohl ausser Reichweite, dafür ist der Rückstand von 15 Punkten zu gross. Die Differenz zu den zehntplatzierten SCL Tigers hingegen beträgt nur vier Zähler, wobei die Emmentaler noch zwei Partien mehr ausgetragen haben.
Am Donnerstag steht für Servette das wichtige Auswärtsspiel in Lugano an. Die Tessiner sind als Tabellen-13. ein direkter Konkurrent. Das anstehende Programm mit sechs Spielen innert elf Tagen ist happig, zumal die Genfer mit Zug, Davos, den ZSC Lions und Leader Lausanne bis zur Nationalmannschaftspause Anfang Februar gleich auf vier Topteams treffen. Kommt hinzu, dass die Mannschaft diese Woche von einer Grippewelle erfasst wurde. Aus diesem Grund machten am Dienstag gleich sechs Stammspieler die Reise nach Zürich nicht mit.
Doch Raum für Ausreden gibt es nicht, das ist sich auch Richard bewusst: «Für uns ist nun jeder Match ein Playoff-Match.»