«Ich wusste: Das geht nicht besser»
Im Interview mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA spricht Super-G-Weltmeister Marco Odermatt über seine perfekte Fahrt, Druck und die Eigenschaft, am Tag X bereit zu sein.
Marco Odermatt, vor zwei Jahren bei Ihrer Fahrt zu WM-Gold in Courchevel hat man gesagt, es sei die perfekte Abfahrt gewesen. Was war das heute?
«Wahrscheinlich der beste Lauf in meiner Super-G-Karriere. Es tönt vielleicht ein bisschen arrogant, aber ich habe die Ziellinie überquert und wusste: Das geht nicht besser. Das Gefühl war perfekt, der Plan ist genau aufgegangen. Ein wahnsinniges Rennen.»
Bei vergleichsweise einfachen Bedingungen haben Sie der Konkurrenz eine Sekunde und mehr abgenommen. Wie geht das?
«Das mit der einfachen Piste und den einfachen Bedingungen haben andere gesagt. Ich habe das nie so empfunden. Es ist eine extrem technische Speed-Strecke, eine der technischsten, die wir im Zirkus haben. Was stimmt, ist, dass das Licht super ist. Vom ersten bis zum letzten Tor gibt es Sonnenschein. So kannst du auch ans Limit gehen.»
Etwas, das Ihnen bei der Abfahrt in Kitzbühel nicht wunschgemäss gelungen ist. Sie haben dort nach dem Rennen gesagt, sie hätten die Spannung nicht ganz aufbauen können. Haben Sie sich damals vorgenommen, einfach vernünftig herunterzufahren im Hinblick auf die WM?
«Jeder Entscheid, den man an einem Renntag trifft, hat Konsequenzen. Man macht das schon bewusst. Ich schaffe es fast in jedem Rennen, an meine Leistungsgrenze zu kommen. Aber wenn man 24 Stunden zuvor in Kitzbühel den ersten Sieg feiern durfte, braucht es viel Spannung und Energie, um am nächsten Tag wieder voll ans Limit zu gehen. Da bin ich in den vergangenen Jahren gereift und schlauer geworden.»
Vor der Saison haben Sie stets betont, dass die Hahnenkamm-Abfahrt einen höheren Stellenwert geniesse als die WM, dass alles, was nach den Klassikern komme, Zugabe sei. Das heute ist aber sicher mehr als eine Zugabe.
«Es war ein grosses Ziel, mit einer Goldmedaille aus Saalbach heimzukehren. Sich nun in allen drei Disziplinen Weltmeister nennen zu dürfen, ist wunderschön. Es fühlt sich anders an als vor zwei Jahren. Damals bin ich mit wässrigen Augen im Ziel gestanden, als es für die erste Goldmedaille gereicht hatte. Heute bin ich abgeklärter, aber es ist nicht weniger schön.»
Die WM-Goldmedaille im Super-G ist eine logische Konsequenz. Schliesslich haben Sie die Disziplin in den vergangenen Jahren dominiert.
«Im Super-G ist nie etwas logisch, da kann immer viel passieren. Es kann auch mal einem anderen Fahrer eine Fahrt wie mir heute gelingen. Bei mir hätte es schon ein paar Jahre früher klappen können. In Cortina bin ich mit Bestzeit unterwegs gewesen und habe dann einen riesigen Bock geschossen. In Peking bei den Olympischen Spielen hätte es für eine Medaille gereicht, wenn ich nicht ausgeschieden wäre. In Courchevel hat nur wenig gefehlt. Im Sport ist nichts logisch, aber heute ist alles so aufgegangen, wie ich es wollte.»