Gegensätzen und Gemeinsamkeiten der beiden Top-Biathletinnen
Amy Baserga und Lena Häcki-Gross sind am Freitag im Sprint an der Biathlon-WM in Lenzerheide gleichwertige Schweizer Trumpfkarten. Nebst Gemeinsamkeiten prägen auch Unterschiede die beiden Frauen.
Die beiden Schweizer Asse sind viel auf Reisen und teilen sich oft das Zimmer – im Frauenteam wird rotiert. Wird eine Unterkunft in Beschlag genommen, zeigt sich die wohl grösste Differenz. «Lena ist chaotisch, ich hingegen will Ordnung und alles unter Kontrolle haben», sagt Amy Baserga mit einem Lachen. Die Unordentliche kann nur beipflichten: «Ich lebe all over the place», betont Lena Häcki-Gross.
Auch vor einem Wettkampf offenbaren sich Unterschiede. Amy Baserga ist gemäss eigener Aussage cool, Lena Häcki-Gross hingegen hat mit der Nervosität zu kämpfen. Vor der Mixed-Staffel am Mittwoch brachte sie beim Morgen- und Mittagessen zunächst kaum einen Bissen runter. Die zweifache Siegerin von Weltcuprennen erzählt, wie Amy Baserga gewitzelt habe. «Was machst Du? Jetzt bist Du schon so lange dabei und immer noch nervös?» Lena Häcki-Gross sieht das nicht als Nachteil: «Die Nervosität gehört bei mir dazu und ich liebe sie eigentlich auch.»
Differenzen zeigen sich auch im bisherigen Saisonverlauf. Während Amy Baserga im Januar mit dem ersten Weltcup-Podestplatz ihrer Karriere in diesem Winter bereits einen Meilenstein gesetzt hat, kam Lena Häcki-Gross bislang nicht in Schwung. Die Schwyzerin aus Einsiedeln hat sich mit einer Serie von Top-Ten-Resultaten viel Selbstvertrauen geholt, obwohl sie das Sommertraining wegen einer Operation am Handgelenk reduzieren musste. Die in Engelberg aufgewachsene Obwaldnerin setzt alles daran, dass sich die Form doch noch einstellt, zumal sie das Sommertraining ohne Einschränkungen durchziehen konnte.
Andere Spitzensport-Generation
Ein von der Natur gegebener Unterschied betrifft das Alter: Fünf Jahre trennen die beiden. Das tönt nicht nach viel, diese Spanne umfasst im Leben einer Spitzensportler aber in der Regel die halbe Weltcup-Karriere. «Lena war immer schon eine oder zwei Stufen weiter. Unsere Wege haben sich beim Aufstieg in den Weltcup nicht gekreuzt», sagt die 24-jährige Amy Baserga.
Hinzu kommt eine geographische Distanz. Lena Häcki-Gross lebt schon länger im deutschen Ruhpolding. Seit 2022 ist sie mit Marco Gross verheiratet. Sie stammt jetzt quasi aus einer Biathlon-Grossfamilie. Ihr Schwiegervater Ricco Gross ist vierfacher Olympiasieger und neunfacher Weltmeister. Amy Baserga hingegen fasst als Erste ihrer Familie und des SC Einsiedeln im Biathlon auf höchster Ebene Fuss.
Auch viele Gemeinsamkeiten
Amy Baserga legt Wert darauf, auch die Gemeinsamkeiten aufzählen zu dürfen. «Wir sind beide lebensfroh, wach und laut», betont sie. «Und wir sind beide sehr zielstrebig». Auch Lena Häcki-Gross stellt das freundschaftliche Einvernehmen in den Vordergrund: «Ein Nummer-eins-Duell gibt es nicht.»
Und für den Sprint vom Freitag haben die beiden auch ein gemeinsames Ziel: «Ein sauberes Rennen abliefern.» Denn für die zwei Frauen steht einiges auf dem Spiel. Es geht nicht nur um die Medaillen, sondern auch um die Ausgangslage für die Verfolgung vom Sonntag und die Qualifikation für den Massenstart zum Abschluss der Titelkämpfe. Da beide nicht den Top 15 des Weltcup-Klassements angehören, haben sie für die Königsdisziplin keinen garantierten Startplatz.