«Die Bahn in Cortina ist bereit»
An Lake Placid hat Ivo Ferriani (kleines Bild) gute Erinnerungen. Im Wintersportort im Norden des Bundestaates New York wurde er 2010 am jährlichen Kongress des Internationalen Bob- und Skeletonverbandes (IBSF) zum Präsidenten gewählt. Im Gespräch spricht Ferriani über den Sinn des neuen Eiskanals in Cortina d’Ampezzo, die Rückkehr der Russen in den Sport und die Sicherheit der Fahrer.
Ivo Ferriani, was denken Sie als Italiener über die neue, teure Bobbahn, die in Cortina gebaut wird? Die kostet viel Steuergeld.
(Lacht) Je nachdem trage ich einen anderen Hut. Das IOC hat ja eigentlich gesagt, dass es keine neuen Bahnen mehr geben soll. Aber Cortina, oder besser Italien, hat anders entschieden.
Als Verbandspräsident freuen Sie sich über den neuen Eiskanal?
Als Verband sagen wir, dies ist die letzte Bahn, die neu gebaut wird, denn wir brauchen keine weiteren. Für uns ist Cortina etwas Positives. Wir werden im Umkreis von jeweils gerade einmal zwei Stunden vier Bahnen ha-ben (Cortina, St. Moritz, Innsbruck, Königssee). Das erlaubt uns, einen Kalender zu machen mit kürzeren Reisen und weniger Kosten.
Die Bahn von 2006 in Cesana ist innert kurzer Zeit wieder zerfallen.
Die Nachhaltigkeit ist eine Frage der Leute, nicht des Ortes oder der Bauten. Wenn Sie ein fantastisches Hotel haben, aber nicht die richtigen Leute, wird es nach zwei Monaten schliessen. Dann dürfen wir die Geschichte von Cortina nicht vergessen. Die Spiele von 1956 sind vor allem wegen der Bobrennen in Erinnerung geblieben. Und wie viele Orte in den Alpen können schon von sich behaupten, sie hätten eine Bob- und Skeletonbahn? Das ist nicht nur eine Investition für die Spiele. Es wird auch Geld in die Region zurückfliessen und gut für den Tourismus sein.
Wird sie rechtzeitig fertig für die Homologierung in zwei Wochen?
Definitiv. Wir vom Verband sind regelmässig vor Ort. Auch vor zehn Tagen waren wir wieder dort. Wir haben die Fortschritte gesehen. Die Qualität und der Arbeitsumfang sind exzellent. Und ich sage das nicht, weil ich Italiener bin. Ich bin da streng und war oft auch weniger nett. Diese Bahn ist eine Visitenkarte. Sie muss auch in der Zukunft bestehen. Und ich kann sagen: sie wird bereit sein. Noch nicht alle Service-Installationen, denn an erster Stelle steht die Sicherheit.
Ein wichtiges Thema, gerade nach den schweren Verletzungen von Anschieber Sandro Michel.
(Ferriani fasst sich ans Herz) Das tut mir so leid, da blutet mir das Herz. Wir müssen alles versuchen, damit wir solche Sachen verhindern können. Daran arbeitet unsere Kommission, dafür arbeiten wir mit unserem Partner Allianz zusammen, sammeln Daten und suchen Lösungen. Sie haben da sehr viel Erfahrung damit. Die Sport-ler sind unser Kapital. Ohne sie gibt es keinen Verband, keinen Präsidenten, nichts. Aber ganz ausschliessen kann man Unfälle leider nicht. Wenn man für einen Sport einen Helm anzieht, weiss man, dass ein Risiko bleibt.
Was gestört hat, war, dass keiner einen Fehler zugeben wollte.
Was war denn der Fehler? Perfektion gibt es nicht. In Altenberg war es schon immer schwierig, da sind die Schlitten schon immer zurückgerutscht. Ich kann Ihnen versichern, wir machen vielleicht keinen grossen Lärm darum, aber wir arbeiten intensiv daran, den Sportlern die bestmöglichen Bedingungen zu schaffen.
Planen Sie schon eine mögliche Rückkehr russischer Athleten?
Ich bin ja auch Mitglied des IOC. Der Sport soll die Menschen vereinen und die Politik draussen lassen. Wir unterstützen die Ukraine und ihren Kampf, sich zu verteidigen. Aber der Sport soll Brücken bauen, und mit den richtigen Regeln sollten auch Russen als neutrale Athleten wieder starten dürfen.
Regeln wie bei den Sommerspielen, dass sie nicht in den Krieg und Propaganda involviert sind?
Genau. Mit einem unabhängigen Gremium, das die Zulassung abklärt. Ich bin überzeugt, dass der Sport da zeigen muss, dass er anders ist. Nehmen Sie 20 Kinder unterschiedlicher Nationalität, Religion und sozialer Herkunft und legen Sie einen Ball in die Mitte. Nach zehn Minuten werden alle zusammen spielen.
Eine Frage zu St.Moritz, das als Ausweichort gehandelt wurde. Hat die Natureisbahn mit steigenden Temperaturen eine Zukunft?
Davon bin ich überzeugt. Natürlich gibt es bei Natureis zwei grosse Herausforderungen: das wechselnde Wetter und die Anzahl der Rennen und der Fahrten. Aber alles ist möglich. Ich liebe St. Moritz und glaube zu hundert Prozent daran. Wenn die Schweiz will, werden hier 2038 olympische Rennen gefahren.
Viel wird über die neue Bobbahn für die Olympischen Spiele im kommenden Jahr in Cortina d’Ampezzo diskutiert. Nun bringt Ivo Ferriani, Präsident des internationalen Verbandes IBSF, Licht ins Dunkel.