Mit prominenter Unterstützung nächste WM-Medaille angestrebt
Die Schweizer Curlerinnen um Skip Silvana Tirinzoni streben nach viermal Gold und einmal Silber die sechste WM-Medaille in Serie an. Dafür wird der Coaching-Staff mit Mirjam Ott prominent erweitert.
Nach dem im Mai 2018 bekannt gewordenen Zusammenschluss von Silvana Tirinzoni und Alina Pätz schaffte das Team des CC Aarau an sämtlichen fünf Weltmeisterschaften den Einzig in den Final. Nicht nur das, die Schweizerinnen reihten an WM-Turnieren sagenhafte 42 Siege aneinander. Deshalb kann im südkoreanischen Uijeongbu nur eine weitere Medaille das Ziel sein für Selina Witschonke, Carole Howald, Tirinzoni und Pätz sowie Ersatzspielerin Stefanie Berset.
Durchzogene Saison
Das sieht auch die 35-jährige Pätz so, obwohl sie gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA von einer «durchzogenen» Saison spricht. «Andere WM-Teams haben in dieser Saison besser gespielt als wir.» Zwar holten die Schweizerinnen Ende November im finnischen Lohja zum zweiten Mal in Folge EM-Gold und blieben dabei erneut ungeschlagen. Allerdings verpassten sie an zwei der vier Grand-Slam-Turniere in dieser Saison die K.o.-Runde (Viertelfinals) – einmal erreichten sie den Final.
Zudem mussten sich Tirinzoni und Co. an den nationalen Meisterschaften im Februar mit dem 3. Rang begnügen, was zur Folge hat, dass nicht sie, sondern das Team um Skip Corrie Hürlimann die Schweiz an der kommenden Europameisterschaft vertreten wird. «Das ist sicher nicht optimal», sagt Tirinzoni.
Für die Olympischen Winterspiele 2026 in Mailand und Cortina d’Ampezzo ist die Equipe des CC Aarau allerdings gesetzt, sofern sie einen Quotenplatz für die Schweiz holt. Einen solchen haben nach der WM sieben Nationen auf sicher, wobei auch die Resultate der letztjährigen WM zählen. Es müsste also mit dem Teufel zu und her gehen, sollten Tirinzoni und Co. sich nicht für die nächsten Olympischen Winterspiele qualifizieren.
Tirinzoni ist überzeugt, dass die SM «uns nicht gross in unserem Selbstvertrauen beeinflusst. Wir haben das ziemlich rasch verarbeitet, wussten, was die Gründe waren.» Die Vorfreude auf die WM ist bei der 45-Jährigen umso grösser, weil sie in Asien stattfindet. «Sonst sind wir ja meistens im Westen. Es ist wieder mal etwas Neues, die Spannung ist etwas grösser, da man nicht so genau weiss, was einen alles erwartet.»
Problematisches System
Die Schweizerinnen können in Südkorea neben dem bewährten Teamcoach Pierre Charette auf prominente Hilfe zählen. Der Staff wurde mit der ehemaligen Spitzencurlerin Mirjam Ott erweitert. Die 53-Jährige hat Tirinzoni und Pätz etwas voraus, nämlich Medaillen an Olympischen Spielen. Sowohl 2002 in Salt Lake City als auch 2006 in Turin gewann sie Silber. «Sie hat sehr viel Erfahrung und weiss auch, wie es ist, wenn man nicht mehr Curling spielt», sagt Pätz. «Das ist ebenfalls sehr wertvoll. Dann schaut man die Dinge etwas anders an, setzt sie in Perspektive.»
Für Ott, die in den letzten zwei Jahren nicht mehr im Curling tätig war, kam die Anfrage überraschend, sie musste allerdings nicht lange überlegen. Was will sie hineinbringen? «Ich habe das alles selber erlebt, als Coach sieht man das Ganze jedoch total anders, hat man einen grösseren Überblick. Es geht um ganz kleine mentale Faktoren, man kann es als wohlfühlen bezeichnen. Ein Vorteil ist, dass ich alle schon kenne.»
Geplant ist, dass Ott das Team bis nach den Olympischen Spielen unterstützt. Tirinzoni: «Das Problem ist das System, das wir haben. Wir haben zwar Nationaltrainer, aber kein Nationalteam.» Darum ist der für die Frauen zuständige Nationaltrainer Sebastian Stock für mehrere Equipen verantwortlich, was zu Interessenkonflikten und Terminkollisionen führt. Deshalb hätten sie sich jemanden gewünscht, der nur sie unterstütze, sagt Tirinzoni. «Das fand Swiss Curling gut, und darüber sind wir mega froh.» Allerdings muss Mirjam Ott aus dem eigenen Sack berappt werden.
Topfavorit Kanada
Die WM beginnt am Samstag, der erste Gegner der Schweizerinnen sind die USA. Jedes Team bestreitet in der Round Robin zwölf Spiele, die zwei erstplatzierten Nationen stehen direkt in den Halbfinals. Die Teams auf den Plätzen 3 bis 6 ermitteln die zwei anderen Halbfinalisten. Der Topfavorit sind die kanadischen Titelverteidigerinnen um Skip Rachel Homan, die an den vier Grand-Slam-Turnieren in dieser Saison zweimal gewannen und zweimal Zweite wurden.
«Die WM ist für mich mit Abstand das härteste Turnier, das es gibt», sagt Tirinzoni. «Sie ist extrem anstrengend, da muss man wirklich bereit sein.» Für die Leute sehe es so aus, als wären ihre Erfolge eine Selbstverständlichkeit, doch das seien sie bei weitem nicht.