Das Aussergewöhnliche wird zur Gewohnheit
Mujinga und Ditaji Kambundji haben an den Hallen-EM in Apeldoorn mit Silber und Gold jenes Selbstvertrauen getankt, das sie nun auch an den Hallen-WM in Nanjing aufs Podest tragen soll.
Trainer und Manager Florian Clivaz wäre von einem weiteren Coup nicht überrascht.
«Die beiden lassen das Aussergewöhnliche zur Gewohnheit werden», bilanziert Florian Clivaz die Leistungen der Kambundji-Schwestern vor anderthalb Wochen an den Hallen-Europameisterschaften in Apeldoorn – Ditaji gewann Gold über 60 m Hürden in der Europa-Rekordzeit von 7,67 Sekunden, Mujinga Kambundji sprintete im Weltklasse-Wert von 7,02 über 60 m flach zu Silber.
«Sie glänzen immer, wenn es darauf ankommt. Bei ihnen fragt man sich bald nicht mehr, ob sie Leistung bringen werden, sondern eher, wie gut sie es tun werden», ergänzt der Freund von Mujinga Kambundji gegenüber Keystone-SDA.
«Im Wettkampf, mit dem Adrenalin, können sich die beiden am besten ausdrücken», betont der Walliser, der jedoch überrascht war, was die Hürdensprinterin in Apeldoorn gezeigt hat: «Ditaji hat sich seit September in allen Bereichen verbessert. Aber es ist eine Sache, dies im Training zu zeigen, und eine andere, es im Wettkampf zu beweisen.»
Ditaji Kambundji trat in Apeldoorn sogar in die Liga der ganz Grossen ein. Die 22-Jährige lief die zweitbeste Zeit der ewigen Bestenliste über 60 m Hürden, 2024 senkte Devynne Charlton den Weltrekord auf 7,65 Sekunden. «Ditajis Leistung von Apeldoorn ist enorm», betont Clivaz.
Eine Pause liegt nicht drin
Die Euphorie um Mujinga Kambundji ist etwas weniger gross. Die 33-Jährige stand in der Halle vor drei Jahren auf dem Zenit, als sie 2022 in Belgrad zum WM-Gold in der Halle flog und sich in 6,96 bis auf vier Hundertstel dem Weltrekord näherte.
«Mujinga ist logischerweise nicht so gut gelaufen wie Ditaji», räumt Clivaz ein. Aber der Blick ist nach vorne gerichtet. «Bei so wenig Zeit zwischen den Europa- und den Weltmeisterschaften muss man trotz aller erlebten Emotionen schnell weitermachen», betont der Coach. «Es gab in Apeldoorn keinen Champagner und keine Fiesta. Aber wir haben uns mit dem ganzen Team einen Moment Zeit genommen, um uns zu sagen, dass wir etwas Gutes erreicht haben.»
Die Erholung, körperlich wie geistig, sei natürlich von grösster Bedeutung. «Aber nichts tun hilft nicht, sich schneller zu erholen», erklärt Clivaz. «Ein spezielles Erholungstraining ist derzeit notwendig, und auch beim Aufwärmen in Nanjing werden wir die Intensität steigern.»
Wieder zwei Medaillen als Zielsetzung
«Wir hoffen auf zwei Medaillen in China», sagt Clivaz. Zunächst gelte der Fokus dem Finaleinzug, das sei auch eine Frage der Konzentration, Fehler lägen nicht drin. «Und wenn Mujinga und Ditaji im Final stehen, dann wollen sie den Titel.»
Auf dem Papier präsentiert sich diese Aufgabe überraschenderweise für Mujinga Kambundji etwas weniger schwer als für ihre Schwester. Über 60 m flach haben zahlreiche Sprinterinnen aus Übersee abgesagt, während im Hürdensprint, angeführt von Devynne Charlton, mehrere Athletinnen von den Bahamas, aus Jamaika oder den USA gemeldet sind.
«Ditaji muss ihren Erfolg erst einmal verdauen, denn so eine Leistung hinterlässt Spuren», betont Clivaz. Hier helfe die Synergie und die Harmonie zwischen den Schwestern: «Ditaji bringt ihre Frische und neue Motivation mit, Mujinga ihre ganze Erfahrung». Die Frische gibt Mujinga Kambundji den nötigen Schub, sich einmal mehr selber zu übertreffen. Und die Erfahrung von Mujinga kann Ditaji Kambundji gebrauchen, die sich nun bestätigen muss.