Berns blutleerer Auftritt im Viertelfinal-Spiel 7 wirft Fragen auf
Der SC Bern macht in der zweiten Saison unter Trainer Jussi Tapola einen grossen Schritt nach vorne - und macht sich in den Playoffs vieles wieder zunichte.
Wenns drauf ankommt, versagen die Berner in jüngerer Vergangenheit stets. Die klarsten Worte findet nach dem erneuten Viertelfinal-Aus des SC Bern wie so oft der langjährige Captain Simon Moser. «Ich glaube, es ist alles mental», meinte der 36-Jährige gegenüber SRF auf der Suche nach Erklärungen für das erneute Scheitern. «Über das ganze Spiel hätten wir es vielleicht auch nicht verdient gehabt zurückzukommen.»
Eigentlich hatte der SCB in dieser Saison mit dem 3. Platz in der Qualifikation einen deutlichen Schritt nach vorne gemacht. Dann musste er sich zu Beginn der stets emotionsgeladenen Viertelfinalserie gegen den ungeliebten Nachbarn Fribourg-Gottéron dominieren lassen, wehrte aber zwei Matchpucks der Freiburger ab und kämpfte sich nach einem 1:3-Rückstand in der Serie zurück. In Spiel 7 zuhause lagen plötzlich alle Vorteile bei den Bernern. Sie wirkten jedoch blockiert, emotionslos und gingen vor über 17’000 Fans sang- und klanglos 1:4 unter.
Angst vor Strafen
Das wirft natürlich Fragen auf, denn es ist äusserst selten, dass ein Heimteam eine Belle verliert. Nach Fribourgs Sieg liegt die Bilanz neu bei 9 Siegen und 40 Niederlagen für das Auswärtsteam. Coach Jussi Tapola mutmasste nach der Partie, seine Spieler hätten vielleicht Angst vor Strafen gehabt.
Tatsächlich fanden die Berner in der ganzen Serie nie ganz die richtige Balance. In den vorherigen Partien sassen sie viel zu oft auf der Strafbank – und hätte Fribourg nur halbwegs anständig Powerplay gespielt, hätte es kein Spiel 7 gegeben. Am Mittwochabend waren die Berner dann aber zu zahm und richtiggehend gehemmt. Gottéron leistete sich am Mittwoch keine einzige Strafe, hatte aber dennoch die nötige Konsequenz und blockte nicht weniger als 20 Schüsse (Bern nur deren 10).
Andere vermuteten, der SCB habe bei der Aufholjagd zu viel Energie gebraucht, die nun fehlte. Das wäre allerdings ein schlechtes Zeichen, da die Freiburger genau gleich lang auf dem Eis standen und das Momentum bestimmt nicht mehr auf ihrer Seite hatten.
Tapolas Lob
Dennoch betonte Tapola, er sei stolz auf sein Team und auch nach dem Ausscheiden positiv. «Es gibt im Sport immer zwei Seiten», setzte der Finne zu einem philosophischen Exkurs an. «Eine ist das Resultat, der Sieg, das haben wir nicht erreicht. Aber wie die Jungs gearbeitet haben, der Teamgeist, das war grossartig und ein Schritt nach vorne für Bern.»
Tapola war im Sommer vor zwei Jahren als vierfacher Meister, Champions-League-Sieger und eigentlicher Heilsbringer von Tappara Tampere zum SCB gekommen. Seine Bilanz lässt sich sehen, zumindest in der regulären Saison mit den Rängen 5 und nun 3. Vor seiner Verpflichtung hatten die Berner seit dem letzten Meistertitel 2019 die Qualifikation der Reihe nach als 9., 9., 11. und 8 beendet. Dreimal scheiterte der SCB danach in den Playoff-Viertelfinals, wie nun auch zweimal unter Tapola. 2020 hätte er die Platzierungsrunde bestreiten müssen, wenn die Saison aufgrund der Corona-Pandemie nicht abgebrochen worden wäre.
Ein Goalieproblem
Mit Tapola als Headcoach unterlagen die Berner nach dem 0:3 vor einem Jahr in Zug zum zweiten Mal in Folge im entscheidenden siebenten Viertelfinalspiel. Mit steten Linienumstellungen und vor allem dem Hin und Her auf der Goalieposition hat er seine solches nicht gewohnten Spieler eher verunsichert. Dass mit Austin Czarnik der Topskorer ab der dritten Partie ausfiel, kann keine Entschuldigung sein, das gehört in den Playoffs dazu, und der Start war ja auch mit ihm missglückt.
Gerade auf der Torhüterposition ist und bleibt die Situation unbefriedigend. Der als Stargoalie verpflichtete Schwede Adam Reideborn konnte in Bern nie restlos überzeugen und besetzt im Gegensatz zu Fribourgs überragendem Reto Berra einen Ausländerplatz. Der mindestens ebenbürtige, 27-jährige Stadtberner Philip Wüthrich verlässt den Verein hingegen mangels Perspektiven Richtung Ambri.
Mosers Kritik
Das Fazit von Simon Moser, der sein Amt als Captain Anfang Saison nach sieben Jahren an Ramon Untersander abgegeben hat, fällt jedenfalls deutlich düsterer aus als das seines Chefs. «Die Saison wird immer an den Playoffs gemessen», betonte das Urgestein. «Da sind wir im Viertelfinal raus, für mich ist das keine gelungene Saison.» Für Moser ist klar: «Wir müssen aus den Fehlern lernen, sonst bringt das gar nichts.»
Tapola hat ein gutes Fundament gelegt, doch nächste Saison wird der 50-Jährige unter Druck stehen. Auf dem anspruchsvollen Pflaster Bern wird schon zu lange auf positive Emotionen in der schönsten Zeit des Jahres gewartet.