Der Herr der herrenlosen Grundstücke
Patrizia Baumgartner
Beim Durchstöbern der Grundstückübertragungen im Schwyzer Amtsblatt sticht ein Name ins Auge: Jonas Lauwiner. In Meldungen aus acht verschiedenen Gemeinden – darunter Lachen, Altendorf, Galgenen, Schübelbach und Tuggen – taucht er immer wieder auf.
Das Paradoxe daran: Die Grundstücke hatten keinen Verkäufer. In den Einträgen werden sie lediglich als «herrenlos » bezeichnet, was Fragen aufwirft.
König mit grossen Plänen
Eine Google-Suche nach Lauwiner liefert viele Treffer: Ganz oben sein eigener Auftritt: «Offizielle Website des Königs der Schweiz», heisst es da. Der 30-Jährige scheint einiges an Zeit und Ressourcen für diese Website aufgewendet zu haben. Mit Abschnitten zu «Recht und Verfassung», einer «Imperialen Bank», einem Wappen, einer Hymne, königlichen Auszeichnungen und sogar einem angeblichen Stammbaum.
Doch während sein Online-Reich nach Fantasie klingt, sind seine Grundstücksübertragungen, unter anderem in Ausserschwyz, real. Und sie betreffen nicht etwa abgelegene Wälder und Wiesen, sondern Quartierstrassen mitten in den Dörfern der March.
«Herrenloses» Grundstück?
Beispiele gefällig? In Lachen besitzt Lauwiner neuerdings knapp 1000 Quadratmeter der Bauernhofstrasse, in Schübelbach sind es unter anderem rund 3800 Quadratmeter der Bitzi- und Speerstrasse.
Doch wie kann ein Grundstück überhaupt herrenlos werden? Die Anfrage beim Grundbuchamt March bleibt ohne Resultat. Amtsleiter Philipp Eberhard möchte wegen «Amtsgeheimnis» nichts zu den jüngst passierten Grundstückänderungen oder zu herrenlosen Grundstücken im Allgemeinen sagen.
Da sich Jonas Lauwiner aber schon in diversen Kantonen «herrenlose Grundstücke» angeeignet hat, befassten sich verschiedene Medien mit dem Thema. So berichtet das Online- Portal zentralplus, dass im Kanton Zug herrenlose Grundstücke nicht automatisch ins Eigentum des Kantons übergehen. Das bedeutet, dass sich grundsätzlich jede Person solche Grundstücke aneignen kann – durch eine einfache schriftliche Erklärung. In Schwyz scheint es ähnlich zu funktionieren.
Grundstücke können aus diversen Gründen herrenlos werden. Beispielsweise indem der bisherige Eigentümer auf sein Eigentumsrecht «verzichtet» oder durch Konkurs des vormaligen Eigentümers.
Diese Grundstücke sind gratis
Lauwiner hat sich darauf spezialisiert, Grundbuchkarten auf herrenlose Parzellen hin zu durchsuchen und sich diese anzueignen. Konkret musste er sich wohl im Geoportal des Kantons Schwyz systematisch durch jede Parzelle hindurch klicken, bis er nach und nach auf die «herrenlosen» Parzellen stiess.
Der Clou dabei: Weil das Grundstück niemandem gehört, kostet es auch nichts. Bezahlt werden müssen lediglich die Schreibgebühren.
Was passiert jetzt mit Lauwiners Strassen?
Durch Landbesitz entstehen einerseits Rechte, aber andererseits auch Pflichten – etwa für den Unterhalt. Beispielsweise «Forstbetriebe dürfen das Holz meiner Bäume nutzen, wenn sie als Gegenleistung für den Unterhalt meiner Waldstücke schauen», erklärte Lauwiner einst gegenüber der Zeitung «Blick».
Doch was bedeutet das für die Anwohner der betroffenen Quartierstrassen im Kanton Schwyz? zentralplus berichtet, dass sich mit Fahr- und Wegerechten belastete Grundstücke kaum zu Geld machen lassen. Denn diese Rechte seien in der Regel fest eingetragen, sodass Abgaben nicht eingefordert werden können.
Dennoch bleibt die Unsicherheit: Werden die Anwohner Lauwiners Grundstücke zurückkaufen, um selbst die Kontrolle zu übernehmen? Oder bleibt Lauwiner einfach der neue, kuriose Besitzer von Strassen, mit deren Anwohnern er nichts zu tun hat?
Fakt ist: Nicht nur im Kanton Schwyz ist er aktiv und sucht herrenloses Land. Auch in der Region Nottwil/ Sempach sicherte sich Lauwiner Anfang März mehrere herrenlose Grundstücke – darunter, wenig überraschend, erneut sechs Quartierstrassen. Dies berichtet das Online-Medium «Trechter» dieser Tage.
Der selbst ernannte «König der Schweiz», Jonas Lauwiner aus dem Kanton Bern, hat sich kürzlich in der March diverse Quartierstrassen unter den Nagel gerissen. Was es wohl damit auf sich hat?