«Viel besser können wir nicht spielen»
Die Schweizer Curler um Skip Yannick Schwaller machen im WM-Final nicht viel falsch, dennoch verlieren sie.
Im Interview mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA spricht Schwaller über seine Gefühlslage, die Lehren aus der letztjährigen Enttäuschung an der Heim-WM, den neuen Coach Glenn Howard, und er blickt auf die kommende Saison mit den Olympischen Spielen voraus.
Yannick Schwaller, welche Gefühlslage herrscht am Morgen nach dem knapp verlorenen WM-Final vor?
«Es sind gemischte Gefühle. Ich bin sehr stolz darauf, wie wir gespielt haben, wie wir als Team aufgetreten sind. Die WM zeigt, dass die Arbeit an unseren Schwächen gefruchtet hat. Gleichzeitig tut die Niederlage weh. Je nachdem steht man nur einmal im Leben in einem WM-Final und dann willst du diesen natürlich gewinnen.»
Hilft bei der Verarbeitung, dass Ihr Euch nicht viel vorwerfen könnt, Ihr nicht viel falsch gemacht habt im Final?
«Havard (Vad Petersson), unser Coach, sagte uns, dass er zweimal in einem WM-Final chancenlos gewesen sei. Das fühlt sich noch viel schlechter an. Wir zeigten ein super Spiel. Das Schöne war vor allem, wie abgeklärt wir agierten, ohne grössere Nervosität und wie wohl sich jeder von uns gefühlt hat – dies in einem WM-Final vor 4500 Zuschauern und vielen Leuten vor dem TV. Jeder war sich selber. Ganz, ganz, ganz kleine Details machten den Unterschied aus. Es war ein Match auf absolutem Weltklasse-Niveau.»
Vor einem Jahr schaute an der Heim-WM in Schaffhausen bloss der 7. Platz heraus. Welche Hauptlehren habt Ihr aus der Enttäuschung gezogen, die nun gefruchtet haben?
«Wir wollten als Team ruhiger auftreten, es schaffen, in den Schlüsselmomenten die richtigen Entscheide ohne Hektik zu treffen. Das ist uns definitiv gelungen. Ein weiterer Punkt war, dass die Rollen klar verteilt sind, ich die Taktik vorgebe, damit es nicht jedes Mal Diskussionen gibt. Derweil übernehmen die Wischer die volle Verantwortung für die Geschwindigkeit des Steins, wie schnell jede Spur auf dem Eis ist. So wurden wir ein gutes Konstrukt».
Gibt es eine Schwäche, die Ihr unbedingt noch ausmerzen wollt?
«Wir sagten zueinander, dass wir nicht viel besser spielen können als im Final. Die Schotten zeigte eine unglaubliche Leistung, es war beeindruckend.»
Ihr habt den Coaching-Staff für die WM ergänzt mit der Curling-Ikone Glenn Howard, seines Zeichens vierfacher Weltmeister. Was konkret brachte er ein?
«Er ist einer der besten Curler, die den Sport je ausgeübt haben, konnte uns überall mental unterstützen. Wenn er was sagt, dann hat das Hand und Fuss. Dann ist er ein sehr demütiger Mensch, mit dem man gerne zusammen ist. Der Drive im Coaching-Staff war super. Das macht alle besser. Seine Unterstützung hat sich bewährt und die Zeichen sind positiv, dass er auch in der nächsten Saison bei uns dabei sein wird.»
Im kommenden Februar stehen die Olympischen Spiele in Mailand und Cortina d’Ampezzo an. Wie stark hilft der 2. Platz im Hinblick auf diesen Höhepunkt?
«Er gibt Selbstvertrauen. Es ist klar, dass wir wieder zu den Top 5 der Welt gehören, wir jeden bezwingen können. Mit unserer Leistung im Final hätten wir wahrscheinlich fast jedes Turnier für uns entschieden, das wir bis jetzt gespielt haben. Es ist wirklich verrückt, verloren zu haben.»
Verrückt ist auch, dass Ihr nur einen Tag Pause habt bis zum nächsten Turnier, dem Grand-Slam-Final in Toronto mit den besten zwölf Teams der Saison.
«Es wird extrem schwierig. Ich bin mir nicht sicher, ob wir es schaffen, wieder unser Niveau zu erreichen. Aber es ist halt jene Tour, in der im Curling am meisten verdient werden kann. Wir sind angewiesen auf das Preisgeld. Wir gehen das Turnier ohne Druck an und schauen, was herausschaut.»