Der Ausverkauf im Hotel Drei Könige in Richterswil hat begonnen
Philippa Schmidt
Was für eine Aussicht!» Der junge Mann auf dem Balkon des Hotels Drei Könige staunt angesichts des Blicks auf den Zürichsee. Die Aussicht ist eines der wenigen Dinge im historischen Gebäude, die am vergangenen Freitagnachmittag nicht käuflich sind.
Da das Hotel ab Herbst umgebaut wird – künftig soll es elf Wohnungen statt Gästezimmer geben –, findet an diesem Wochenende ein Inventurverkauf statt. Der Mann auf dem Balkon ist eine von gut 20 Personen, die zuvor geduldig darauf gewartet haben, dass sich die Hoteltür öffnet.
Barhocker, Bettzeug, Gläser, Toaster und DVD-Player: Im Treppenhaus sowie im ersten Stock stapeln sich Hotelund Gastro-Gegenstände, die neue Besitzer suchen. Auch das eine oder andere Überraschende gibt es im alten Chüngensaal zu entdecken: etwa eine hölzerne Drehorgel, gläserne Dekoschwäne und gruselige Hexenpuppen.
Schiffslaterne und Laufsteg
Einen guten Fang haben Caroline und Eamonn Washington gemacht: Das irische Paar, das seit Kurzem in Richterswil wohnt, hat eine Lampe in Laternenform ergattert. «Sie ist für unseren Balkon», sagt Caroline Washington und ergänzt, dass Eamonn segle und die Lampe sie beide an einen Leuchtturm erinnere. Tatsächlich stammt das gute Stück ursprünglich von einem Schiff.
Ebenfalls auf Schnäppchenjagd sind Jacqueline Kopp und Edward van Egmond vom Verein Fachgeschäfte Richterswil. Sie suchen für eine Modenschau am nächsten Sonntagsverkauf einen Laufsteg. Sie hätten auf besagtem Laufsteg im Hotel schon zweimal eine Modenschau durchgeführt, erzählt Kopp. Noch ist aber unklar, wo im Hotel sich dieser verbirgt.
Bis Juli geöffnet
Organisiert wird der Inventurverkauf vom ehemaligen Pächter Urs Hobi, der die Liegenschaft 2019 zur Zwischennutzung übernommen hat. Wie viele Gegenstände der Liquidationsgemeinschaft zum Verkauf stehen, kann der 58-Jährige angesichts der Fülle des Angebots gar nicht sagen.
Das originellste Stück ist aber sicher der Theatersarg, der vor mehr als 20 Jahren dem Welttheater Einsiedeln für eine Produktion diente, wie sich Hobi erinnert. Der Holzsarg auf Rädern sollte auf der Bühne symbolisch den Tod darstellen.
Beim Verkauf kann Hobi auf sein Netzwerk in der Gastrobranche zurückgreifen. So war er denn auch bereits vor der Liquidation mit zahlreichen Gastronomen in Kontakt. «Dass wir den Inventurverkauf jetzt durchführen, hängt damit zusammen, dass Gastronomen ihre Saison vor Ostern planen.» Das Hotel sei nämlich noch bis im Juli geöffnet.
Deswegen werden auch nicht ganz alle Einrichtungsgegenstände verkauft. «Wir werden im August noch einen Ausverkauf organisieren», sagt Hobi. Dieser sei dann vor allem für Studenten interessant. Dort können beispielsweise die Betten der nun noch vermieteten Zimmer erworben werden.
Das Kafikässeli bleibt
Auch einige Anlässe finden diesen Sommer noch im Hotel Drei Könige statt. «Im Juni wird eine Hochzeit bei uns gefeiert», erzählt Hobi. Als er erfahren habe, dass schon die Eltern beider Brautleute im Hotel ihre Hochzeiten gefeiert hätten, habe er nicht Nein sagen können.
Beim Vorbereiten des Verkaufs erlebte er selbst die eine oder andere Überraschung. «Ich habe mich beispielsweise gewundert, wie viele Kerzenhalter wir haben», sagt er. Auch Waschmittel von einer Grosslieferung vor ein paar Jahren kann gekauft werden. «Da haben meine Angestellten gut damit gewirtschaftet, dass noch so viel übrig ist.» Da er schon fast 50 Gastroimmobilien liquidiert hat, ist der Inventurverkauf für Urs Hobi Routine. Wehmut verspüre er keine, betont er. Aber kalt lässt ihn der Abschied vom Hotel Drei Könige auch nicht. «Es gibt Sachen, die mir ans Herz gewachsen sind», sagt er, der nun in Pension geht. So etwa eine Dose aus den 80er-Jahren, in welcher der Drei-Könige-Wirt Gebäck verschenkte. Sie hat später den Weg zurück ins Hotel gefunden und diente als Kafikässeli. «Die gebe ich nicht mehr her», betont Hobi mit Nachdruck.
Seit vergangenem Freitag wird das Inventar des Richterswiler Hotels Drei Könige verkauft. Darunter findet sich auch allerlei Kurioses.
«Wir werden im August noch einen Ausverkauf organisieren.»
Urs Hobi
Zuständiger für den Inventurverkauf