Auch Schwyz weicht auf Privatschulen aus
Für verhaltensauffällige Kinder bleibt in einigen Fällen nur die Sonderschule. Auch Privatschulen können bei Platzmangel in die Bresche springen.
Franziska Kohler
Alle Kinder sollen in der Schweiz eine adäquate Schulbildung erhalten – ungeachtet allfälliger Beeinträchtigungen. Und im besten Fall gehen sie mit ihren Gspändli aus der Nachbarschaft zur Schule. Ein klares Anliegen, das in der Volksschule nicht einfach umzusetzen ist. Zwar sind die Vorteile schulischer Integration nicht von der Hand zu weisen. Doch können Kinder und Jugendliche mit Lernschwierigkeiten oder Verhaltensauffälligkeiten aber auch geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen den Schulbetrieb an seine Grenzen bringen – Über Vor- und Nachteile wird derzeit schweizweit debattiert. Im Fokus stehen hauptsächlich überlastete Lehrpersonen und Kinder ohne speziellen Förderbedarf, für die mitunter zu wenig Zeit bleibt. Nicht zuletzt diskutieren einzelne Kantone wie beispielsweise Zürich die Einführung von Förderklassen, andere trauern den Kleinklassen nach.
Schulalltag mit Unterstützung
Der Kanton Schwyz will diesbezüglich weiterhin am Prinzip «Integration vor Separation» festhalten – wie Landammann Michael Stähli, Vorsteher des Bildungsdepartements unlängst in einem Interview in dieser Zeitung bekräftigte. Das heisst, alle Kinder sollen, wenn möglich, in der Nähe ihres Wohnorts eine reguläre Volksschule besuchen können.
Doch was bedeutet dies für Kinder mit kognitiven oder körperlichen Beeinträchtigungen oder Verhaltensauffälligkeiten? Falls nötig, erhalten laut Tanja Grimaudo Meyer, Vorsteherin des Schwyzer Amts für Volksschulen und Sport, Kinder mit einer kognitiven, oder körperlichen Beeinträchtigung oder mit einer Autismus-Spektrum-Störung (ohne gleichzeitige kognitive Beeinträchtigung) an der Volksschule eine verstärkte Massnahme im integrativen Setting mit spezieller Förderung – beispielsweise durch Heilpädagoginnen und Heilpädagogen oder Spezialdienste für Sinnesbehinderungen. Diese sollen den Schulalltag erleichtern.
Sonderfall Verhaltensstörung
Doch manchmal reicht dies nicht aus, sodass dennoch eine externe Lösung erforderlich ist. Dann kommen verstärkte Massnahmen im separativen Setting, also beispielsweise externe Sonderschulen, zum Einsatz. Besonders bei Verhaltensstörungen sind solche Massnahmen erforderlich, falls niederschwellige Förder- oder Disziplinarmassnahmen nicht genügen. Laut Tanja Grimaudo Meyer können hier aufgrund der gesetzlichen Grundlage keine verstärkte Massnahmen im integrativen Setting eingesetzt werden.
Doch welche Lösungen gibt es dafür im Kanton? Der Kanton Schwyz verfügt über kantonale Sonderschulen wie das Heilpädagogische Zentrum Ausserschwyz in Freienbach oder jenes für Innerschwyz in Ibach. Beides sind Tagesschulen für Kinder mit einer kognitiven, körperlichen und Mehrfachbeeinträchtigung.
Dazu kommt die private Sonderschule im Park in Steinen, die von der Stiftung Raphi betrieben wird. Diese richtet sich an Kinder mit herausforderndem Verhalten.
Privatschulen als Option
Doch nicht immer sind im Bereich Verhalten geeignete oder genügend Plätze vorhanden, sodass ausserkantonale Lösungen gesucht werden müssen, etwa in Glarus oder Zürich für Kinder und Jugendliche aus Ausserschwyz. «In Einzelfällen können sie aber auch Privatschulen zugewiesen werden», so Grimaudo Meyer. Dies erstaunt, denn es handelt sich dabei um private Volksschulen. Doch Grimaudo Meyer merkt an, dass dieses Vorgehen sich in der Regel an das Angebot der Heilpädagogik knüpft und daran, dass die Privatschule den Bedarf des Kindes abdecken muss.
Gängige Praxis
Diese Vorgehensweise ist im Kanton Schwyz seit längerem Usus und gesetzlich festgehalten. Auch in anderen Kantonen ist dies üblich. Im Kanton Zürich etwa wird mittlerweile jedes fünfte Kind, das ein verstärktes separates Setting benötigt, in einer privaten Volksschule untergebracht, was unlängst für Furore sorgte. Grund dafür ist gemäss Recherchen der «NZZ am Sonntag» Platzmangel. Und es hat erhebliche Auswirkungen auf die Gemeinden. Denn diese tragen die vollen Kosten, die im Schnitt 85 000 Franken pro Kind und Jahr betragen.
In Schwyz hingegen spielt es für die Schulträger keine Rolle, ob eine verstärkte Massnahme im separativen Setting in einer Sonderschule oder Privatschule erfolgt. Die Kosten bleiben gleich: 2024 betrugen sie im Durchschnitt 90 730 Franken pro Kind und Jahr, wovon die Schulträger die Hälfte übernehmen. Die Beiträge werden jährlich neu berechnet und per Regierungsratsbeschluss festgelegt. Tanja Grimaudo Meyer weist darauf hin, dass bei den Kosten sowohl Umfang als auch Angebot der Betreuung eine grosse Rolle spielen und darum von Kind zu Kind stark variieren können.
Im aktuellen Schuljahr profitieren im Kanton Schwyz 530 Kinder von verstärkten Massnahmen, 120 davon in Sonderschulen (im Bereich Verhalten). 25 besuchen Privatschulen.
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«In Einzelfällen können betroffene Kinder auch Privatschulen zugewiesen werden.»
Tanja Grimaudo Meyer
Vorsteherin Schwyzer Amt für Volksschulen und Sport