Erich von Däniken wird 90 Jahre alt und muss kürzertreten
Der Schweizer Autor und Publizist Erich von Däniken hat sich als umstrittener Götterforscher weltweit einen Namen gemacht. Seine Bücher verkauften sich millionenfach. Jetzt wird er 90 Jahre alt und muss er kürzertreten.
Umtriebig, rastlos: Erich von Däniken war auch jüngster Zeit stets unterwegs. Über 200 Tage war er allein im letzten Jahr weg, hat unzählige Auftritte bestritten und zig Reisen unternommen. So bereiste er etwa Ägypten, Jordanien oder die Türkei. Das mag etwas zu viel gewesen sein. Jetzt muss er kürzer treten.
Ausgerechnet vergangene Woche, bei der Präsentation seiner ersten autorisierten Biografie anlässlich seines 90. Geburtstags, fehlte von Däniken. Er sei gesundheitlich «etwas angeschlagen», sagt sein langjähriger Assistent, Manager und Wegbegleiter Ramon Zürcher der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Für die Medien war von Däniken zuletzt nicht erreichbar. Seine für dieses Jahr geplante Vortragstournee hat er abgesagt.
Die Erich-von-Däniken-Biografie also wurde ohne ihren Hauptprotagonisten präsentiert. Das Werk des Journalisten Hans Peter Roth erscheint, nachdem von Däniken zuvor 49 Bücher selber verfasst hat. Laut Zürcher wurden diese 75 Millionen mal verkauft und in über 30 Sprachen übersetzt.
Erich von Däniken ist ein globales Phänomen mit schwerem Stand in seiner Heimat: Seit den 1960er-Jahren machte er sich einen Namen als Götterforscher, der Mythen und Mysterien zu erklären versucht. Mayas, Inkas, Ausserirdische – von Däniken liefert Erklärungen für das Unerklärbare und für das, worauf die Wissenschaft keine Antwort hat.
Vom Jesuitenschüler zum Unternehmer
Manager Zürcher beschreibt von Däniken als charismatisch, begeisterungsfähig und begeisternd. Seit Kindesbeinen neugierig und stets auf der Suche. «Diese Eigenschaften haben ihn durch sein Leben getragen. Erich ist ein Getriebener.» Und ein grosszügiger Gastgeber, alle seien sie zu Besuch gewesen bei ihm: Astronauten, Kosmonauten, Wissenschaftler.
Er habe etwa eine Freundschaft zu Professor Harry Ruppe gepflegt, einem langjährigen Mitarbeiter von Wernher von Braun. Von Braun war der berühmte Raketenbauer von Nazi-Deutschland, der später in die USA übersiedelte und lange für die Nasa arbeitete.
Von Däniken erblickt am 14. April 1935 im aargauischen Zofingen das Licht der Welt und wächst in einer streng katholischen Familie in Schaffhausen auf. Als Schüler in einem Jesuiten-Internat in Freiburg lernt er alte Sprachen. Vieles, was er im Latein- und Griechisch-Unterricht bei Übersetzungen aus dem Alten Testament liest, stellt er in Frage.
Mit «Erinnerungen an die Zukunft» im Jahr 1968 löst von Däniken einen Science-Fiction-Boom aus und erobert die Bestsellerlisten. Mit seinen Deutungen alter Überlieferungen feiert der damalige Hotelier als Hobbyforscher einen Welterfolg. Die «New York Times» schreibt gar vom Ausbruch der «Dänikenitis».
Ohne Glück beim Mystery Park
Dem Erstling folgen zahlreiche weitere Bücher, Dokumentarfilme und Fernsehserien. Aus dem Hobbyforscher von Däniken wird ein Unternehmer, später gründet er eine Stiftung.
Mit seiner Mischung aus Pseudowissenschaft und Unterhaltung erreicht von Däniken ein Millionenpublikum. Er wird belächelt und verehrt. Der Spiegel schreibt 1973 vom «Däniken-Schwindel», von Wahn und Geschäft, aber auch von einem «Welt-Phänomen». So oder so: Von Däniken trifft den Nerv der Zeit, irgendwo zwischen Verschwörungstheorie und anerkannter Wissenschaft.
1995 zieht von Däniken mit seiner Frau nach Beatenberg im Berner Oberland. In Unterseen bei Interlaken bezieht er ein Büro, das zum Archiv wird mit tausenden von Büchern, Reliquien und Unterlagen. Alles Beweise für seine Theorien.
Sein Themenpark in Interlaken jedoch muss im November 2006 nach zweieinhalb Jahren wegen finanzieller Probleme wieder schliessen. Beim Mystery Park bleibt der sonst so erfolgsverwöhnte von Däniken glücklos.
Die Ufo-Sichtung muss weiter warten
2009 beginnt von Däniken, sich als fleissiger Twitterer zu betätigen. Er unterhält auch dort ein grosses Publikum. Mal pointiert, mal unter der Gürtellinie, oft belanglos, gerne zum Klimawandel. Den Einfluss des Menschen darauf bestreitet er.
Wiederum behauptet von Däniken, Ausserirdische hätten in der Frühzeit der Menschheit die Erde besucht und die menschliche Zivilisation vorangetrieben. Ausgerechnet er hat bislang aber selber kein Ufo gesehen.
Er warte sehnlichst auf diesen Moment, sagte er einmal. Er tut es bis heute.