«Die Dorf-Entlastung-Ost ist die letzte Chance für Wollerau»
Andreas Knobel
Plötzlich muss alles ganz schnell gehen in Wollerau: Jahrelang lag das Projekt Neubau Alterszentrum Turm-Matt brach. Ebenso wenig ging es bei der Verkehrsentlastung des Dorfs voran. Und nun soll beides möglich sein – und zwar in Rekordgeschwindigkeit. Das Problem: Beides geht nicht aneinander vorbei. Der Gemeinderat setzt die ganze Energie ins Alterszentrum, die Tiefbau- und Verkehrskommission möchte zuerst die Chancen einer Dorf-Entlastung-Ost (DEO) abgeklärt haben. Da stellt sich die Frage: Was beinhaltet diese DEO eigentlich?
Eine Entlastung von bis zu 60 Prozent soll möglich sein
Die Dorf-Entlastung-Ost verlängert die Wächlenstrasse vom Knotenpunkt Bahnhofstrasse entlang des Krebsbachs hoch bis zur Kreuzung Verenastrasse/ Roosstrasse und führt den Verkehr so unter der SOB-Linie durch direkt zum Autobahnanschluss, ohne den Dorfkreisel zu belasten. Oder anders gesagt: Die beiden Knack- beziehungsweise Staupunkte Dorfkreisel und Barriere werden umgangen, indem man den Verkehr weiter nach Osten verschiebt.
Eine Verkehrsmodellierung, also ein Voruntersuch einer beauftragten Spezialfirma, hat im Herbst aufgezeigt, dass die DEO je nach Kombination über 60 Prozent Verkehrsentlastung am Dorfkreisel bringt, so das erstaunliche Fazit, das den voll ausgebauten Autobahnanschluss Schindellegi in der Halten bereits miteinbezieht. Aus heutiger Sicht sei die DEO die einzige einigermassen akzeptable Lösung, um mit dem Verkehr den SOB-Bahnübergang zu umgehen, heisst es. Der Unfallschwerpunkt an der Kreuzung Verenastrasse/Roosstrasse wäre mit dieser Lösung auch gleich eliminiert.
Die DEO sei die letzte Chance, um das Verkehrsproblem Bahnübergang/ Dorfkreisel anzugehen, sind die Kommissionsmitglieder überzeugt. Es würde sozusagen eine Spange zwischen «Weinburg» unten eingangs Dorf und «Weingarten» oben ausgangs Dorf entstehen, wobei hier optional und optimal noch die Stegackerbrücke realisiert werden könnte – das ist aber ein anderes Thema.
DEO würde mitten durch neues Alterszentrum führen
Das alles mag einleuchten. Aller-dings würde die neue Entlastungsstrasse ab der Bahnhofstrasse zwischen dem (noch bestehenden) Altersheim und den (seit Jahren leer stehenden) Alterswohnungen durchführen. Das geht nicht aneinander vorbei, ist der Gemeinderat mit der zuständigen Gemeinderätin Pascale Baumgartner überzeugt, wie sie an einer Infoveranstaltung zum Neubauprojekt ausführte (Ausgabe vom 21. Februar). Beides, also Neubau und Entlastungsstrasse, sei demnach nicht möglich, weshalb der Gemeinderat alles auf die Karte Neubau Alterszentrum Turm-Matt setzt. Und zwar so konsequent, dass per Gemeinderatsbeschluss die 200 000 Franken «sistiert» werden, die an der Gemeindeversammlung für eine genauere Untersuchung der DEO gesprochen wurden.
Dies hingegen erzürnt die Kommissionsmitglieder erst recht. «Das ist kein demokratisches Vorgehen», wenn ein Beschluss der Gemeindeversammlung einfach ausser acht gelassen werde. Sie fordern deshalb, dass der Gemeinderat seinen Beschluss zur Sistierung aufhebt und die 200000 Franken wieder freigibt. Mit diesem Geld soll ja genau abgeklärt werden, ob diese angedachte Entlastungsstrasse mit dem geplanten Neubau kompatibel gemacht werden könne. «Wir sind keine Fantasten», werfen die Kommissionsmitglieder ein. Sie wollten nur, dass die Abklärungen gemacht werden, so wie die Gemeindeversammlung den Gemeinderat beauftragt habe.
Gemeinderat will Gas geben und Subventionen retten
Dass das Vorgehen und der Zeitplan des Gemeinderats Wollerau jenem seiner Tiefbau- und Verkehrskommission völlig widerspricht, ist auch möglich, weil der Stiftungsrat der Stiftung Alterszentrum Turm-Matt plötzlich nicht mehr beschlussfähig war und schliesslich komplett durch Mitglieder des Gemeinderats ersetzt wurden. So soll das Neubauprojekt bereits diesen Herbst der Gemeindeversammlung vorliegen, bestenfalls 2027/28 erstellt werden, damit schon 2029 der Einzug der Senioren stattfinden kann. Kosten dürfte das gesamte Projekt wohl etwa 46 Mio. Franken. Weil die bereits zugesicherten 3,85 Millionen Franken an kantonalen Subventionen weiterhin Bestand haben, dürfte das AZT die Gemeinde Wollerau etwa 42 Millionen Franken kosten.
Aber genau diese 3,85 Millionen bilden einen weiteren Zankapfel. Würde das Neubauprojekt zugunsten von Abklärungen der DEO verschoben und erst später neu aufgegleist, würden sich wohl auch die Subventionen in Luft auflösen, wie Gemeinderätin Baumgartner erklärte. Das ist es dem Gemeinderat im Gegensatz zu seiner Tiefbau- und Verkehrskommission jedoch nicht wert.
Ab Gemeindeversammlung im Herbst wirds heiss
Hinter den Kulissen laufen die Diskussionen längst heiss. Mit ihrer Offensive wollen die Mitglieder der Tiefbau- und Verkehrskommission als IG DEO (siebe Box) nun die Öffentlichkeit aufrütteln. An der Gemeindeversammlung vor einer Woche war der grosse Zwist noch kein Thema. Zum ersten Show-down dürfte es an der Gemeindeversammlung im Herbst kommen, falls der Gemeinderat sein Neubauprojekt zum Alterszentrum tatsächlich schon vorstellt. Dann wird sich erstmals zeigen, welche Prioritäten das Stimmvolk selber setzt.
Die Dorf-Entlastung-Ost (DEO) kann das Verkehrsproblem im Dorf Wollerau lösen. Davon sind die Mitglieder der Tiefbau- und Verkehrskommission Wollerau überzeugt. Sie haben nun als Privatleute eine IG DEO gegründet und wollen die Möglichkeiten der Entlastungsstrasse geprüft haben, so wie es die Gemeindeversammlung entschieden hat. Ein Erklärungsversuch.
«Wir sind nicht gegen das Alterszentrum.»
IG Dorf-Entlastung-Ost (DEO)
Wollerau